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Der Kettensteg in Nürnberg

Der Kettensteg liegt westlich der Maxbrücke direkt am Pegnitzausfluß der letzten Stadtbefestigung. Ursprünglich stand dort einmal ein hölzerner Trockensteg, der bereits auf einer Federzeichnung von Albrecht Dürer abgebildet ist.


Der Kettensteg, war wie manch andere Bauten in Nürnberg auch, eine wegweisende Pionierleistung. Er war die erste, frei schwebende, an Ketten hängende und in der Mitte auf einer Insel abgestützte Flußbrücke Deutschlands. Geplant und gebaut wurde die Brücke 1824 vom späteren Professor an der Polytechnischen Schule Konrad Georg Kuppler, der in dieser Zeit noch Mechaniker war. Die Hängebrücke ist ca. 80 Meter lang, der Belag besteht aus 423 hölzernen Bohlen. In Betrieb genommen wurde der Fluss-Übergang am 31. Dezember 1824.

Schon einige Jahre nach seiner Fertigstellung bereitete die Brücke dem städtischen Bauamt Probleme. Die mangelnde Steifigkeit war immer wieder Thema bei Debatten. Ab 1836 musste die Stadt das Befahren mit Schubkarren verbieten. Nach dem katastrophalen Hochwasser von 1909, stand eine Generalsanierung an. Die drei hölzernen Pylonen wurden durch stählerne Konstruktionen ersetzt, ebenso erneuerte man den Belag. Die von der MAN durchgeführten Maßnahmen "verschlimmbesserten" aber die Lage, sodass der Kettensteg jeden Monat gewartet werden musste.

Ein weiterer Mangel, der von Anfang an bestand, wird 1926 in den Akten des Straßen- und Wasserbauamts vermerkt. Spaßvögel konnten das Bauwerk zu starken Schwingungen anregen, was ein großes Sicherheitsrisiko darstellte. Deshalb erließ die Polizeidirektion Nürnberg-Fürth am 19. Mai. 1927 folgende Verordnung: "Das Befahren des Kettenstegs mit Fahrzeugen aller Art ist verboten. Ferner sind alle Handlungen verboten, durch die der Steg in erhöhte Schwingungen versetzt werden kann, insbesondere Schaukeln, Gehen im Gleichschritt und Springen."

Wegen der Schwingungen wird 1930 sogar der Abriss diskutiert. Soweit kam es aber nicht, man entschloss sich 1931 zur Anbringung von vier stützenden Holzjochen die in die Pegnitz eingelassen wurden. Zusätzlich wurden stählerne Längsträger angebracht. Somit verlor der Kettensteg seinen Charakter als Schwebebrücke.

Unter den Nationalsozialisten kamen 1939 erneut Abrisspläne auf. Die Brücke hätte weichen sollen, weil eine solche Konstruktion nicht in das Bild der "Stadt der Reichsparteitage" passte. Der Zweite Weltkrieg verhinderte aber die Umsetzung, und somit konnte sich der Kettensteg, in seiner "gezähmten" Form von 1931, bis in unsere Zeit retten.

Nachtrag, 13.05.2009

Einsturzgefahr: Kettensteg dicht

So titelten die Nürnberger Nachrichten am 6. Mai 2009. Das die altehrwürdige Brücke saniert werden muss, steht schon länger fest. Geplant waren diese Maßnahmen für den September 2009, jedoch hat ein neues Gutachten bisher unbekannte Schäden zum Vorschein gebracht. Vor allem das Fundament und die tragenden Pfeiler weisen erhebliche Mängel auf, "dass die Verkehrssicherheit des Stegs nicht mehr gegeben sei", so die NN auf Bezug einer Mitteilung des Betriebs Service Öffentlicher Raum.

Eine Million Euro wird die Sanierung des Stegs voraussichtlich kosten. Laut NN fehlt aber momentan noch das Geld. Jetzt ist der Kettensteg wegen Einsturzgefahr bis auf Weiteres gesperrt. Nun ja, 185 Jahre gehen an einer Pionierleistung eben nicht spurlos vorüber.

Nachtrag, 22.12.2009

Kettensteg-Sanierung 2010 – wird die Brücke wieder schwingen?

Die Stadt hat den Etat für die Sanierung des Kettenstegs für das Haushaltsjahr 2010 eingeplant. Somit kann die Instandsetzung im nächsten Jahr erfolgen. Der Verein BauLust geht aber noch einen Schritt weiter und möchte den Steg wieder in seinen Originalzustand versetzen, also ohne die hölzernen Stützpfeiler im Fluss. Dies kann die Stadt aber nicht finanzieren. Die geplante Million reicht dafür nicht aus.

Deshalb hat die "Initiative für Architektur und Öffentlichkeit" eine Spendenaktion ins Leben gerufen, mit der eine originalgetreue Sanierung verwirklicht werden kann. BauLust e. V. will 250.000 Euro einsammeln um so den Kettensteg wieder schwingen zu lassen. In einer Pressemitteilung des Vereins heißt es dazu:

"... Ziel des Spendenaufrufs ist im Wesentlichen die fehlende Finanzierung in Höhe von 250.000 Euro für eine denkmalgerechte und vollständige Wiederherstellung des Kettenstegs zu gewinnen. (...) Jede Spende ab 300 Euro wird mit einer Spendenurkunde und einer individuellen Zuweisung einer Bohle dokumentiert."

Jeder Förderer (Privatperson, Firma, Institution) erhält also für 300 Euro eine der 423 hölzernen Bohlen des Technikdenkmals. Man kann sich quasi ein Stück Industriegeschichte erkaufen. (Kleinere Beträge sind natürlich auch willkommen.)

Um allen Sicherheitsvorschriften gerecht zu werden, sollen Original-Eisenteile restauriert, sowie die Geländerabmessung durch ein Stahlseil erhöht werden. Wenn das Vorhaben gelingt, könnte die Schwebebrücke wieder sanft schwingen, wenn man über sie läuft. In der Pressemitteilung heißt es weiter:

"Nach einem vollständigen Abschluss aller Bau- und Sanierungsmaßnahmen wird der Kettensteg demnach wieder als echte Hängebrücke ohne Hilfsjoche über die Pegnitz spannen. Dabei soll die größtmögliche Anzahl an historischen Bauteilen wie zum Beispiel die Pylone oder das Kettenwerk wieder zum Einsatz kommen."

Der Verein wird die Spendenaktion mit einer Reihe von Veranstaltungen im nächsten Jahr begleiten. Ein erster Termin ist für den 23. Januar 2010 angesetzt. Bei einer Informationsveranstaltung werden ab 14:00 Uhr am Südende des gesperrten Kettenstegs alte Dokumente und Pläne präsentiert, sowie die ersten Spendenurkunden übergeben.

Spenden kann man unter dem Stichwort "Kettensteg" bei der Sparkasse Nürnberg,
BLZ 760 501 01,
Konto 106 183 46.


Nachtrag, 22.06.2010

Kettensteg kommt im Original wieder

So titelten die Nürnberger Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 19.06.10. Der Verein BauLust hat durch private Spenden 40.000 Euro gesammelt, die aber allein nicht ausgereicht hätten, das Bauwerk denkmalgerecht zu sanieren. Jetzt hat die Zukunftsstiftung der Sparkasse den benötigten Betrag komplettiert und 250.000 Euro gespendet.

Dadurch kann der Kettensteg nach Beendigung der Sanierung wieder schwingen – allerdings nicht so stark wie vor 1931. Angst haben braucht man aber nicht, es wird versichert, dass der Steg nur "ganz piano" schwanken wird. Deshalb ist ein Verbot (s. oben), wie es 1927 erlassen wurde, überflüssig.

Blickt man heute von der Maxbrücke flussabwärts, bietet sich ein ungewöhnliches Bild. Derzeit sind alle Ketten demontiert und werden generalüberholt. Gut erkennbar ist auch der neue, stabilisierende Unterbau, der nach der Sanierung nicht mehr sichtbar sein wird. Die Arbeiten an der ältesten, noch erhaltenen Hängebrücke Kontinentaleuropas, sollen bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Vielleicht erfolgt die Wiedereröffnung sogar am 31. Dez. 2010, exakt 186 Jahre nach Inbetriebnahme des Kettenstegs.

Nachtrag, 28.10.2010

Kettensteg-Sanierung schreitet voran

Die Sanierung des Kettenstegs läuft derzeit auf Hochtouren. In dieser Woche wurde der neue Unterbau angeliefert. Ein großer Autokran, mit einer Tragkraft von 300 Tonnen, hievte die beiden über 30 Meter langen Stahlträger über die Baumwipfel am südlichen Pegnitzufer, auf eine Hilfskonstruktion (s. Fotos). Die neuen Träger, mit einem Gewicht von 15 bzw. 16 Tonnen, werden zukünftig 90 Prozent der Last tragen, die restliche Tragkraft wird vom Kettenwerk übernommen.

Was jetzt noch wie das Fundament einer "modernen" Brücke aussieht, wird später nicht mehr auffallen. Karlheinz Kubanek, zweiter Werkleiter des Servicebetriebs Öffentlicher Raum (SÖR), gegenüber den Nürnberger Nachrichten (27.10.10): "Die Träger wird man nicht mehr sehen wenn die Brücke fertig ist, das war eine Bedingung des Denkmalschutzes." Die Kettenkonstruktion die dem Bauwerk den Namen gab, soll in etwa drei Wochen von der Überholung aus Regensburg zurück sein.

Wie stark der Kettensteg wieder schwingen wird hängt von Tests und Messungen ab, die vor Wiederinbetriebnahme durchgeführt werden. Eventuell müssen Dämpfer eingebaut werden, die das Schwingen abmildern. Hierzu sind die Meinungen geteilt. Während OB Ulrich Maly gerne "schwingen" würde, zieht Bürgermeister Horst Förther eine "gedämpfte" Lösung vor.

Die Wiedereröffnung der Pegnitz-Überführung ist noch vor Weihnachten geplant. Oberbürgermeister Maly will den generalsanierten Steg, gemeinsam mit dem Nürnberger Christkind, am 22. Dezember für seinen seit 186 Jahren bestehenden Zweck wieder freigeben.

Nachtrag, 29.12.2010

Kettensteg erstrahlt in neuem Glanz

Nach eineinhalbjähriger Sperrung und abgeschlossener Sanierung, ist der Kettensteg am 22.12.2010 wiedereröffnet worden. Während einer Feierstunde mit OB Dr. Ulrich Maly, dem amtierende Nürnberger Christkind, Johanna Heller, sowie Baubeteiligten, Förderen und Sponsoren, wurde das Bauwerk für den Fußgängerverkehr wieder freigegeben. Laut Karlheinz Kubanek (Technischer Werkleiter SÖR), müssen im Frühjahr noch kleinere Restarbeiten erledigt werden, die witterungsbedingt bis zur Wiedereröffnung nicht ausgeführt werden konnten.


Die denkmalgerechte Generalsanierung mit einem Kostenaufwand von 1,3 Millionen Euro war, wie bereits erwähnt, erst durch Spenden möglich geworden. In einer Pressemitteilung der Stadt Nürnberg heißt es hierzu:

"... Den Anstoß zur Sanierung gab der Verein BauLust e. V. nach dem Motto "Der Kettensteg schwingt!" Eine breit angelegte Spendensammlung erbrachte rund 310.000 Euro Spendenmittel, darunter 250.000 Euro aus Mitteln der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg. 167 Einzelspender erhielten Urkunden und Bohlen des alten Brückenbelags zum Dank überreicht. Die Bayerische Landesstiftung steuerte zusätzlich 160.000 Euro bei. Die wbg Nürnberg und die Altstadtfreunde unterstützten das ausgefeilte Beleuchtungskonzept für die Brücke."

Bei dem Beleuchtungskonzept handelt es sich um LED-Leuchten, die den Kettensteg nachts dezent in Szene setzen und den Weg erhellen. Auch die 1931 in die Pegnitz eingesetzten, stabilisierenden Holzstützen sind jetzt verschwunden. Die zur "normalen" Brücke degradierte Hängekonstruktion schwingt jetzt wieder. Auch eine Einzelperson kann den Steg durch wippende Bewgungen in den Knien in sanftes Auf- und Abschwingen versetzen. Freilich nicht mehr so stark wie es in den 1920er Jahren der Fall gewesen sein muss und die Fußgänger gemaßregelt wurden.

Der Kettensteg ist jetzt für die kommenden Jahrzehnte bestens gerüstet, dient wieder als Übergang zwischen Maxplatz und Kreuzgassenviertel und steht laut OB Maly "für ein typisches Altstadtmotiv und die Nürnberger Ingenieurskunst."


Nachtrag, 06.01.2013 Nachtrag, 06.01.2013

Kettensteg erhielt Auszeichnung

Der Kettensteg wurde mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Die Denkmalschutz-Ehrentafel für das Jahr 2012 wurde von der Ingenieurkammer-Bau und des Landesamtes für Denkmalpflege verliehen. Auch der Verein "BauLust", der maßgeblich durch Spendenaufrufe und dem symbolischen Verkauf von Kettensteg-Bohlen, zur Realisierung der Komplettsanierung beigetragen hat, wurde ausgezeichnet. Das Forum Kultur der Metropolregin Nürnberg würdigte den Verein als "Künstler des Monats".
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Kettensteg
Kettensteg mit Schlayerturm
Kettensteg Nürnberg
Kettensteg, Südseite
Kettensteg Nürnberg
... von der Maxbrücke aus
Kettensteg
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Kettensteg Detail
...
Kettensteg
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Kettensteg
Kettensteg
Schautafel am Kettensteg
Schautafel am Kettensteg
Kettensteg
Kettensteg
Schautafel am Kettensteg
Schautafel am Kettensteg
Kettensteg-Sanierung 2010
Kettensteg-Sanierung
Neuer Unterbau
Kettensteg-Sanierung
Neuer Unterbau
Kettensteg-Sanierung
Kettensteg-Sanierung
Kettensteg-Sanierung
Kettensteg ohne Ketten
Hilfskonstruktion
Hilfskonstruktion
Kettensteg-Sanierung
Neue Stahlträger
Kettensteg-Sanierung
Anlieferung der
Kettensteg-Sanierung
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Kettensteg-Sanierung
Stahlträger
Kettensteg-Sanierung
Unterbau in Position
Kettensteg Unterbau
Unterbau
Kettensteg Unterbau
Unterbau

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Text: mw
Fotos: mw
Verwendete Literatur: SLN; Stahlbau 73 (2004), Heft 5, Verlag Ernst & Sohn; "Der Kettensteg in Nürnberg – die älteste erhaltene eiserne Hängebrücke Kontinentaleuropas" von Rudolf Petri u. Johannes-Stefan Kreutz
Nürnberger Nachrichten, Nürnberger Zeitung: wie angegeben

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