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Hotel Deutscher Hof – Nürnberg

Das Hotel Deutscher Hof war in der Nachkriegszeit in Nürnberg eine der guten Adressen. Manchem Nürnberger werden noch die legendären Faschingsbälle auf allen Ebenen der 1970/80er Jahre in Erinnerung sein. Sehr beliebt waren auch die in dem Anwesen untergebrachten Lokale "Theater Eck" und "Bocksbeutel-Keller". Seit Jahren steht der Komplex Deutscher Hof, samt Lessingtheater und früheres Arbeitsamt leer. Nun kommt Bewegung in die Sache – eine Investorengruppe plant eine Wiederbelebung des Areals, evtl. sogar mit Abriss und Neubebauung.



Die Geschichte

Das Hotel Deutscher Hof am Frauentorgraben 29 wurde nach der Bauzeit in den Jahren 1912/13, am 27. September 1913 eröffnet. Schon seit 1890 hegte die Nürnberger Lehrerschaft den Wunsch nach einem eigenen Lehrervereinsheim. Der eigens gegründete Verein "Lehrerheim" unter Vorsitz von Andreas Därr, beauftragte den Architekten Hans Müller für das Gebäude im Stil der Neorenaissance an der Ecke Frauentorgraben/Lessingstraße. Der hintere Teil des Komplexes (Lesssingstr.) diente dem Verein Lehrerheim als Festsaal und beheimatete in den Nachkriegsjahren das Lessingtheater. Das kleine Manko, dass das Hotel nicht in der Nürnberger Altstadt lag/liegt, machte damals die Nähe zum 1906 neu eröffneten Hauptbahnhof wieder wett. Schließlich gelangte man in wenigen Minuten per Droschke oder zu Fuß zu den Sehenswürdigkeiten der Noris.

Bereits seit den 1920er Jahren diente der Deutsche Hof Nazi-Führer Hitler als Unterkunft bei seinen Aufenthalten in Nürnberg. Nach der Machtergreifung musste der Verein der Lehrerschaft das komplette Anwesen 1936 an die NSDAP verkaufen. Das Nazi-Regime beauftragte 1935/36 den Architekten Franz Ruff mit dem Umbau des direkt anschliesenden Verwaltungsgebäudes der damaligen Siemens-Schuckert-Werke. Durch dieses Anwesen wurde der Deutsche Hof beträchtlich erweitert, sodass dort während der Reichsparteitage weitere Diplomaten und andere Nazi-Größen untergebracht werden konnten. Hitler selbst logierte im ersten Stock, von wo er während der Parteitage auf dem Balkon den Vorbeimarsch der Hitlerjugend, NSDAP oder sonstiger Nazi-Organisationen abnahm.

Dieser unsägliche Teil der Geschichte des Hotels Deutscher Hof endete am 3. Oktober 1944 – bei einem Luftangriff wurde das Gebäude weitgehend zerstört. Einen ersten Neuanfang gab es bereits zwei Jahre nach dem Niedergang Nürnbergs. In direkter Nachbarschaft zum Opernhaus gelegen, begann Karl Pschigode 1946 mit dem Aufbau seines Privattheaters. In der Ruine mit seinem angrenzenden Saalbau, der einst dem Lehrerverein als Festsaal diente, entstand in dieser Zeit das Lessingtheater. Ein von der amerikanischen Militärregierung eingesetzter Treuhänder verpachtete den hinteren Teil des ehemaligen Lehrervereinshauses an den Theatermacher. Nachdem dem Lessingtheater während der Währungsreform der Konkurs drohte, übernahm die Stadt Nürnberg am 1. Juni 1949 die Schulden und gliederte die Spielstätte für Sprechtheater den Städtischen Bühnen an. Die monatliche Miete betrug 5.000 DM.

Nach Kriegsende gelangte das Anwesen 1949 wieder in den Besitz des Vereins Lehrerheim, der den Deutschen Hof im August 1949 wiedereröffnete. Aufgebaut wurde das Gebäude zwar in vereinfachter Form, die historischen Treppenhäuser und das Sandsteinchörlein, das genau genommen eigentlich ein Erker ist, sind bis heute vorhanden. Auch der neben dem Deutschen Hof gelegene Umbau Franz Ruffs wurde nach Kriegsende wieder aufgebaut und ist heute noch im Stadtbild präsent – allerdings ohne "Führerbalkon". Dieser Trakt beherbergte nach 1945 die Bundesanstalt für Arbeit und diente später dem Nürnberger Arbeitsamt als Bürogebäude.

Dr. Karl Seiler schrieb in seinem 1951 erschienen Buch "Das Wirtschaftsleben der Stadt Nürnberg von 1050-1950" über das Hotel Deutscher Hof:

"Nürnberg hat durch einen frevelhaft vom Zaun gebrochenen Krieg historische Grbäude von nicht messbarer Bedeutung verloren. (...) Als die Nürnberger Lehrerschaft sich 1913/14 anschickte, ein Haus für die Bedürfnisse einer hochstrebenden Erzieherschaft zu bauen, da konnte niemand ahnen, dass dem jungen Werk ein so schweres Schicksal bevorstand. Im Jahr 1936 fielen die begehrlichen Blicke Hitlers auf dieses Haus und nach kurzen ultimativen Verhandlungen ging es in seinen Besitz über. Das Ungeheuer Krieg überfiel auch den Deutschen Hof und machte ihn zum düsteren Zeugen eines Irrwahns. Es war eine schwere Aufgabe, in den Jahren der Material- und Kapitalnot den Aufbau des zu 80 Prozent zerstörten Hauses durchzuführen. Nach vierjähriger Bautätigkeit war die mühvolle Arbeit abgeschlossen und heute bietet sich dem Auge ein in seiner Linienführung und Gliederung harmonisches, im Inneren hervorragend ausgestattetes Bauwerk."

Nachtrag, 02.03.2009

Ehemaliger Deutscher Hof: Die Zukunft?

Heute (März 2009) steht der Komplex leer. In jüngerer Vergangenheit nutzte man das Anwesen als "Party-Location" für verschiedene Veranstaltungen. Deutscher Hof, früheres Arbeitsamt und Lessingtheater warten nun auf eine Neunutzung. Die Nürnberger Gruppe Kochinvest und die Münchener LHI Real Estate Management GmbH betreiben als Investoren momentan Quartierentwicklung, wie es auf einem überdimensionalen Transparent an der Fassade heißt. Ob es zu einem Abriss oder Umbau mit Entkernung kommt, ist derzeit noch nicht entschieden. Denkmalschützer jedenfalls fordern den Erhalt des historischen Gebäudes. Die Investoren hingegen beantragen, aus ihrer Sicht verständlich, einen Freibrief für den Abbruch.

Die Internetseite von kochinvest.de stellt das Projekt wie folgt vor: "Das Quartier CitiRing stellt die derzeit einzige freie Entwicklungsmöglichkeit für großzügige Gewerbeflächen in bester Lage am Altstadtring dar. Es umfasst die Liegenschaften des ehemaligen Hotels Deutscher Hof, des alten Arbeitsamtes und diverse angrenzende Grundstücke und schafft Raum für 20.000 qm Nutzfläche. Das Bauareal splittet sich in drei Abschnitte, die sowohl einzeln als auch gemeinsam bebaut werden können. ..."

Von einer Sanierung ist in den obigen Zeilen (noch?) nicht die Rede. Doch wie soll man umgehen mit dem "Steinernen Eck"? Durch die sensible Lage direkt neben dem 1905 eröffneten Opernhaus, dass seinerzeit als teuerster Theaterbau Europas galt, sowie die unmittelbare Nachbarschaft zum 1925 eröffneten Verkehrsmuseum (heute DB Museum) welches das Karree im Süden begrenzt, kann man sich eine Lösung aus Glas und Stahl nur schwer vorstellen. Andererseits hat die Stadt Nürnberg bereits manch historische Bausubstanz aufgegeben/aufgeben müssen. Milchhof weg, Paketpostamt weg, Schlachthof weg und vom Tafelwerk existiert auch nur noch ein kümmerlicher Rest. Natürlich kann man nicht immer am Alten festhalten, die Stadt muss sich ja weiter entwickeln, aber schade ist es dennoch.

Gegenüber der Nürnberger Zeitung vom 31.01.2009 zeigten sich Inge Lauterbach, Vorsitzende der Altstadtfreunde, und Herbert May, Stadtheimatpfleger, entsetzt über einen möglichen Abriss. Lauterbach: "Der Deutsche Hof ist ein historisch bedeutsames Gebäude und seit langem als Einzeldenkmal gelistet. Auch wenn es im Zweiten Weltkrieg beschädigt und nur vereinfacht wieder aufgebaut wurde, so ist das Anwesen mit der verzierten Fassade und den original erhaltenen Treppenhäusern immer noch von bauhistorischem Wert" Stadtheimatpfleger May führte an, dass es nicht zugelassen werden kann, nach dem Milchhof ein weiteres Baudenkmal von übergeordnetem Rang aufzugeben.

Wirtschaftsreferent Roland Fleck äußerte gegenüber den Nürnberger Nachrichten (05.02.2009) das ein Abriss vorstellbar wäre, wenn ein "absolut überzeugender Entwurf vorgelegt wird, der zudem die Nachbarschaft zur Staatsoper regelt". Fleck bestätigte weiterhin, dass der angesetzte Termin für die Begutachtung der Vorschläge verschoben wurde, weil sich die Architekten mehr Zeit erbeten hätten. So wird es wohl noch sechs oder acht Wochen dauern bis diskussionswürdige Pläne auf dem Tisch liegen.

Wie die Nürnberger Nachrichten am 07.02.2009 berichteten, warnt auch Oberbürgermeister Ulrich Maly vor einer "künstlichen Aufregung". Die Debatte um den drohenden Abriss sei nur ein "Sturm im Wasserglas", so der OB weiter. Momentan läuft für das Projekt "CitiRing" ein städtebauliches Gutachterverfahren. In den NN heißt es dazu:

[Zitat]
Acht Architektenbüros arbeiten derzeit Entwürfe für das Areal am Frauentorgraben aus. Gegenüber dem klassischen Investorenbau sei das "ein Riesenfortschritt", so Maly, der darauf verweist, dass die Stadt privaten Bauherrn keine Wettbewerbe vorschreiben könne. "Wir können nur reden, und das tun wir auch, insbesondere an heiklen Stellen ..."
[/Zitat]

Dr. Maly betont dass der Denkmalschutz Teil der Ausschreibung ist. Auch Baureferent Wolfgang Baumann erhofft sich eine tragbare Lösung. Als positives Zeichen wertet er die Terminverschiebung zur Begutachtung der Entwürfe. "Es zeigt, dass man sich ernsthaft damit beschäftigt", so Baumann. Seiner Meinung nach hätten die ersten Planungen der Architekten den Denkmalschutz gar nicht bzw. nicht genügend berücksichtigt.

Bleibt zu hoffen, dass es keine so langwierige Angelegenheit wird wie beim Areal "Zucker-Bär", für das man auch hofft in naher Zukunft eine endgültige Lösung zu finden. Eine Sorge hat die Stadt Nürnberg schon weniger, den Augustinerhof – der ist bereits "in Arbeit".

Nachtrag, 24.03.2009

"Deutscher Hof: Teilabriss nur unter Auflagen"

... titelten die Nürnberger Nachrichten in der heutigen Ausgabe. Unter Umständen wäre die Stadt bereit einem Teilabriss zuzustimmen. Ein kompletter Abbruch des unter Denkmalschutz stehenden Deutschen Hofs komme "jedoch nur unter sehr engen Rahmenbedingungen in Frage". Über den Abriss der Lessingsäle könne man verhandeln, wenn eine angemessene Lösung vorläge, so die NN.

Laut dem Zeitungsartikel sind aus acht Architektenentwürfen bereits drei ausgewählt worden, die aber noch überarbeitet werden müssen. Eine qualitativ hochwertiger Vorschlag, der einen Komplettabbruch rechtfertige sei aber nicht dabei. Weiter ist dem Bericht zu entnehmen, dass das Areal noch immer einer Hotelgesellschaft gehöre, und so weit bekannt, noch kein Kauf-/Optionsvertrag vorliegt.

Nachtrag, 04.07.2011

Noch keine Lösung für den Deutschen Hof

Wie den Nürnberger Nachrichten v. 28.05.11 zu entnehmen war, hat sich KochInvest vom Projekt Deutscher Hof zurückgezogen. Laut Volker Koch sei mit der Deutschen Bahn lange über eine Erweiterung des DB-Museums verhandelt worden, doch die Konzernspitze sei nie ernsthaft interessiert gewesen, so der Firmeninhaber gegenüber den NN. Somit ist die Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes weiterhin ungewiss.

Aber, für das anschließende alte Arbeitsamt hat der Immobilienentwickler eine Lösung gefunden. Das Haus wird zu einer Vier-Sterne-Herberge mit bis zu 160 Betten umgebaut. Ein Hotelbetreiber, dessen Name noch nicht genannt wird, sei bereits gefunden. Die Komplettsanierung wird rund 25 Millionen Euro kosten.


Nachtrag, 05.08.2012

Deutscher Hof verkauft

Wie den Nürnberger Nachrichten (27.07.12) zu entnehmen war, hat der Deutsche Hof einen Investor gefunden. Die Terraplan Firmengruppe hat den Komplex gekauft und will das denkmalgeschützte Gebäude sanieren. Es soll ein Mix aus Büros, Gastronomie und Wohnungen entstehen. Das Unternehmen will bis zum Ende des Jahres 2012 den Bauantrag stellen.

Terraplan, seit 1971 in Nürnberg ansässig, hat bundesweit bereits 40 Baudenkmäler restauriert. Nach derzeitigem Stand ist im Deutschen Hof folgende Nutzung vorgesehen: Der untere Bereich wo früher "Theater Eck" und "Bocksbeutel Keller" beheimatet waren, soll auch zukünftig gastronomisch genutzt werden. In den darüber liegenden Geschossen werden Büro- und Praxisräume entstehen. Für das Dachgeschoss sind Wohnungen geplant. Das Investitionsvolumen wird mit etwa 13 bis 15 Millionen Euro beziffert. Somit dürften Spekulationen über eine Erweiterung des DB-Museums und ein "Schaufenster" für den Adler hinfällig sein.


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Deutscher Hof
Das "Steinerne Eck"
Deutscher Hof
Deutscher Hof
Ostfassade
Ostfassade
Westfassade
Westfassade
Hotel Deutscher Hof
Hotel Deutscher Hof
Augustinerhof
Sandsteinerker
Sandsteinerker
Sandsteinerker
Theatereck
Theatereck
Ehemaliges Arbeitsamt
Ehemaliges Arbeitsamt
Verzierungen
Verzierungen
Bocksbeutelkeller
Bocksbeutelkeller
Deutscher Hof
Verzierungen
Deutscher Hof
Verzierungen
Augustinerhof Abriss
Verzierungen
Deutscher Hof
Verzierungen
Augustinerhof Abriss
Sandsteinerker
Lessingtheater
Lessingtheater
Lessingtheater
Lessingtheater
Lessingtheater
Lessingtheater
Lessingtheater
Lessingtheater
Augustinerhof Abriss
Der Zahn der zeit nagt
Verkehrsmuseum
Verkehrsmuseum im Süden
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Text: mw
Verwendete Literatur: ANB, ANG, DWN, SLN – Nürnberger Nachrichten (NN), Nürnberger Zeitung (NZ) wie angegeben

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