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Otto Ernst Schweizer in Nürnberg

Otto Ernst Schweizer ist kein gebürtiger Nürnberger, hat aber einen Großteil seines architektonischen Schaffens in Nürnberg vollbracht. Er prägte in den 1920/30er Jahren den deutschlandweit beachteten Stil des "neuen Bauens". Neben dem alten Arbeitsamt in der Karl-Grillenberger-Straße schuf er das von den Nazis abgerissene Planetarium am Rathenauplatz, sowie die Hochbauten des städtische Stadions und den 2008 dem Erdboden gleichgemachten Milchhof.


Otto Ernst Schweizer wurde am 27. April 1890 in Schramberg im Schwarzwald geboren. Nach einer Ausbildung zum Landvermesser holte er das Abitur nach und studierte Architektur. Seinem Studium an den Technischen Hochschulen in Stuttgart (ab 1913) und München folgte die Stelle als stellvertretender Stadtbaumeister in Schramberg. Bevor Schweizer im März 1925 Oberbaurat in Nürnberg wurde, war er noch als Stadtbaumeister in Schwäbisch Gmünd tätig (1921-25), wo er hauptsächlich Siedlungen plante. In Nürnberg hatte der Architekt die Leitung der Neubauabteilung sowie die Abteilung für Bauberatung und Denkmalpflege inne. In seinen Aufgabenbereich fielen neben den Friedhöfen, Krankenhaus und Verwaltungsgebäude, sowie die Bauberatung im Zusammenhang mit der Stadterweiterung.

Schweizers Tätigkeitsbereich umfassten nicht nur Umbauten und Platzgestaltungen. Neben den bereits erwähnten Neubauten entwarf er auch, das inzwischen zu Lofts umgebaute, Johannisheim für Lungenkranke in der Schnieglinger Straße 185. Die Gesamtanlage war von Stadtgartenbaudirektor Adolf Hensel (1880-1969) geplant worden, mit der Ausführung der Hochbauten wurde Oberbaurat Schweizer beauftragt. Für das städtische Stadion, dass in seiner ursprünglichen Form nicht mehr existiert, erhielt Hensel 1928 eine Goldmedaille beim Kunstwettbewerb der Amsterdamer Olympiade. Die Anlage erhielt internationale Anerkennung und wurde seinerzeit als das "schönste Stadion der Welt" bezeichnet. Neben dem Sonnenbadcafé hatte das Areal noch eine alkoholfreie Gaststätte mit einer riesigen Glasfront zu bieten.

Sein klarer, moderner, kompromissloser Baustil mit Stahlbeton, Glasfronten und Flachdächern gefiel auch in Wien. Ab 1928 war Otto Ernst Schweizer mit der Planung des Wiener Stadions einschließlich Schwimmarena betraut, nachdem er den ausgeschriebenen Wettbewerb gewann.

Doch der Architekt hatte in Nürnberg nicht nur Anhänger. Vielen Kritikern waren seine Bauten nicht "altstadtgerecht", obwohl alle seine Bauwerke, mit Ausnahme des Arbeitsamtes, außerhalb der Stadtmauern lagen. Auch der damalige Oberbürgermeister Dr. Hermann Luppe war kein Verehrer von Schweizers Gebäuden im Bauhausstil. Das Flachdach, eines von Schweizer geplanten und unter städtischer Regie gebauten exklusiven Doppelwohnhauses in Erlenstegen, wurde auf ausdrücklichen Wunsch Luppes durch ein Giebeldach ersetzt – für den Baukünstler eine öffentliche Demütigung, die überregionales Aufsehen erregte. Der Widerstand der Stadtverwaltung gegen Schweizers moderne und klare Linien veranlasste den Architekten den Dienst zu quittieren. Neben dem Wiener Stadion war er zu dieser Zeit arbeitstechnisch noch mit dem Milchhof ausgelastet. Nach kurzer Zeit als freier Architekt war Schweizer ab 1930 als Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe tätig.

Nürnberg hatte damit, nach nur vierjähriger Schaffensperiode, den wahrscheinlich innovativsten Architekten der Bauverwaltung verloren. Otto Ernst Schweizer hat zwischen 1933 und 1945, außer seinem Wohnhaus in Baden-Baden, kein Gebäude mehr gebaut, nahm aber noch am Wettbewerb für ein "Haus der Arbeit" teil, den er nicht gewann. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen konnte Schweizer nichts mit den Bauten im Stil Albert Speers anfangen.

Nach Kriegsende war Schweizer viel gefragter Experte für Wiederaufbau im Raum Baden-Württemberg. Sein letztes großes Bauprojekt war der Neubau des Fakultätsgebäudes der Universität Freiburg. Nachdem der Architekt bereits in seiner Nürnberger Zeit Pläne für Trabantenstädte im Nürnberger Umland entwickelte, nahm er 1958 noch an einem Wettbewerb für den Bebauungsplan des Nürnberger Stadtteils Langwasser teil. Sein Vorschlag wurde nicht angenommen.

Otto Ernst Schweizer starb am 14. November 1965 in Baden-Baden.

Nachdem man den Milchhof "kaputt gerettet" und 2008 dem Erdboden gleichgemacht hat, dass Planetarium am Rathenauplatz bereits 1934 von den Nazis abgerissen wurde, man das Stadion über die Jahrzehnte modernisierte, existiert nur noch ein größerer Schweizer-Bau in äußerlich unveränderter Form in Nürnberg – das "alte" Arbeitsamt in der Karl-Grillenberger-Straße. Wie lange noch?

Nürnberger Bauten* von Otto Ernst Schweizer
1926/27 Erwiterungsbauten des städtischen Klinikums, Flurstraße
1926/27 Planetarium am Rathenauplatz
1926/27 Arbeitsamt, Karl-Grillenberger-Straße
1927/29 Hochbauten des Stadionareals
1928      Johannisheim Schnieglinger Straße 185 (heute Bauhauslofts)
1928/29 Doppelwohnhaus Proessler/Scheller, Hubertusstraße 8
1929      Wohnhaus Helander, Hubertusstraße 10
1930      Milchhof, Kressengartenstraße

*Quelle: Architektur Nürnberg, Bauten und Biografien; Bernd Windsheimer, Alexander Schmidt, Martin Schieber


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Text: mw
Verwendete Literatur: ANB, BNN, SLN

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