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Veit Stoß – Bildhauer, Spekulant, Urkundenfälscher, begnadeter Künstler

Zugegeben, die Überschrift ist etwas reißerisch und würde eher in ein Boulevardblatt passen. Aber, neben den berühmten Kunstwerken gab es noch einen dunklen Punkt im Leben des Bildhauers. Ein Fehltritt der seine Leistung aber keineswegs schmälert. Veit Stoß war zwar kein gebürtiger Nürnberger, hat in dieser Stadt aber bedeutende Kunstwerke geschaffen bzw. hinterlassen. Seine Werke sind heute noch in der Sebalduskirche, der Lorenzkirche sowie dem Germanischen Nationalmuseum zu bewundern. Leider sind einige Daten, sein Geburtsdatum beispielsweise, nicht genau überliefert. Besser dokumentiert ist die unrühmliche Verhaltensweise des Veit Stoß als Urkundenfälscher.



Veit Stoß – Horb-Nürnberg-Krakau-Nürnberg

Veit Stoß wurde wahrscheinlich 1450, nach Johann Neudörfer bereits 1438, in Horb am Neckar geboren. Über seine Ausbildung ist wenig bekannt. Wegen seiner Kenntnisse in der Fertigung von Aufzugswinden und seiner Gutachtertätigkeit bei Bauprozessen, wird gemutmaßt, dass er eine Ausbildung an einer der oberdeutschen Bauhütten in Straßburg oder Ulm genoss. Wann der Bildhauer und Maler nach Nürnberg übersiedelte ist ebenfalls nicht exakt bekannt. Es muss wohl um 1473 gewesen sein. Hier heiratete er die Gastwirtstochter Barbara Hertz, gab 1477 sein Bürgerrecht wieder auf und übersiedelte nach Krakau. Welche Werke er in seiner ersten Nürnberger Zeit schuf kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Sein künstlerisches Schaffen lässt sich erst in Polen genauer nachvollziehen. Der gewaltige Hochaltar der Marienkirche, an dem er bis 1489 arbeitete, erregte Aufmerksamkeit. König Kasimir beauftragt ihn mit der Erstellung seines Grabmals aus Rotmarmor, weitere Aufträge für Bischofsgrabmäler folgen. Stoß lebte von 1477-96 in Krakau und war ab 1489 ein angesehener Bürger, der seit 1484 Steuerfreiheit genoss.

Trotz erarbeiteter Reichtümer und Privilegien kehrte der Künstler 1496 nach Nürnberg zurück. Nach dem Tod seiner Frau heiratete Stoß 1497 die Nürnbergerin Christine Reinold. Die Auftragslage war gut, sodass sich der Bildhauer ein kleines Vermögen erwirtschaften konnte. Als die jüdische Gemeinde im Jahr 1499 die Stadt endgültig verlassen musste, kaufte er für 800 Gulden ein enteignetes Haus in der Wunderburggasse. Sein Wohlstand sollte ihm aber bald zum Verhängnis werden.

Spekulationsgeschäfte – Urkundenfälschung – Brandmarkung

Bevor der begnadete Künstler seine wohl bedeutensden Werke schuf, musste er noch das dunkle Kapitel seiner Geschichte durchleben. Veit Stoß legte sein Geld in Spekulationsgeschäften bei Jakob Baner an, der bis dato auch ein glückliches Händchen für die Anlagen bewies. Zum Eklat kam es 1500, als der Künstler auf Anraten Baners, 1.265 Gulden, also den eineinhalbfachen Kaufpreis seines Hauses, in der Tuchhandelsgesellschaft Hanns Starzedel anlegte.

Die Firma ging bankrott, der Tuchhändler flüchtete aus Nürnberg. Für Veit Stoß war der Schuldige für den Geldverlust schnell gefunden – Baner. Der Bildhauer verklagte seinen Anlageberater. Da der Spekulant aber keine Beweise hatte, fälschte er 1503 einen Schuldschein zu ungunsten Baners. Der Skandal war vorprogrammiert, der Schwindel flog vor Gericht auf. Um sich einer Strafverfolgung zu entziehen, flüchtete der angesehene Bildhauer in das Karmeliterkloster am Rossmarkt, dem auch sein Sohn Andreas Stoß angehörte. Von Angst getrieben, versuchte Stoß seinen ehemaligen Berater zu beschwichtigen. In einem Vertrag vom 29. Oktober 1503 verzichtete der Urkundenfälscher auf alle Entschädigungsforderungen und bot Baner sogar Geld, um die Sache vergessen zu machen.

Es half nichts. Als Veit Stoß das Kloster am 16. November 1503 verließ, wurde er auf offener Straße festgenommen und ins Lochgefängnis abgeführt. Er besann sich während der Untersuchungshaft und gestand den Schuldschein gefälscht zu haben. Als Höchststrafe wartete auf ihn die Todesstrafe, bei einem milden Urteil die Blendung, also den Verlust des Augenlichts. Doch Stoß hatte gewichtige Fürsprecher. Neben seinem Schwiegersohn Jörg Trummer aus Münnerstadt nahm sich auch der Würzburger Bischof Lorenz von Bibra der Sache an.

Der Sünder kam relativ glimpflich davon. Die Strafe: Brandmarkung. Stoß wurden am 4. Dezember 1503 glühende Eisen durch beide Backen gestoßen. Der Bildhauer war jetzt nicht nur gebrandmarkt, er galt es auch als "unehrlich" da die Urteilsvollstreckung eine Berührung des Henkers mit sich brachte. Aber, der Künstler konnte wenigstens weiterhin als Bildhauer arbeiten. Wären die vorgeschriebenen Strafen vollstreckt worden, würden der Engelsgruß und andere bewundernswerte Kunstwerke fehlen.

Happy End? Nein, strafrechtlich war die Sache zwar abgehandelt, aber es stand ja noch das Zivilgerichtsverfahren zwischen Stoß und Baner an. Auch hier unterlag der Künstler und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Erneute Kurzschlusshandlung – Stoß konnte oder wollte nicht zahlen und flüchtete zu seinem Schwiegersohn Trummer nach Münnerstadt. Dieser wiederum versuchte die Sache gewaltsam zu regeln und bedrohte Baner in einem Fehdebrief vom 15. Februar 1505:

"Wisse, Jakob Baner, dass ich, Jörg Trummer, wegen der Misshandlung und des Unrechts, das du an mir und den Meinen geübt und getan hast, dein Feind sein will und kraft dieses Briefes geworden bin, um mit allen meinen Helfern und Helfeshelfern die und allen deinen Verwandten Schaden zuzufügen, wie ich ihn mit meinen Helfern erdenken kann und wie er heißen mag, und möchte desgleichen gegenüber denen von Nürnberg mir alles vorbehalten haben, alle meine Tat, wie sie sich begibt, meine Ehre und meinen Leumund; und wäre noch irgend ein Vorbehalt mehr notwendig, so wollte ich ihn hiermit auch für meine Helfer gemacht haben."

Das wollte Stoß aber nicht dulden und zerstritt sich mit Jörg Trummer. Im Juni 1504 konnte Stoß, nach einem Briefwechsel mit dem Nürnberger Rat wieder in die Stadt zurückkehren.

Der Neuanfang

Als Vorbestrafter und "unehrlicher" Mann war es schwierig wieder Fuß zu fassen. Gras über die Sache wachsen zu lassen würde viel Zeit in Anspruch nehmen um den Makel zu beseitigen. Kaiser Maximilian I. erbarmte sich des reuigen Sünders und ließ ihm im September 1506 eine Ehrenerklärung zukommen. In dem Schreiben heißt es das er: "seines geübten falsch (darumb er hiervor ein straff mit prennen durch seine packen empfangen) restituiert und abilitirt" sei.

Dieser Brief erleichterte Stoß die Auftragsbeschaffung. Es ging wieder aufwärts. In den folgenden Jahren entstanden die Werke, die den Ruhm des Veit Stoß untermauern.
1506 die Assistenzfiguren (jetzt Sebalduskirche)
1507 das Holzmodell zum Callimachus-Epitaph in Krakau
1513 das Verkündigungsrelief in Langenzenn
1516 die Raphael-Tobias-Gruppe für die Jakobskirche (heute GNM)
1517/18 der Engelsgruß in der Lorenzkirche (Englischer Gruß)
1517/18 das Verkündigungsrelief in der Frauenkirche
1520 die Kruzifixe für die Sebaldus- und Lorenzkirche
1520/23 den sogenannten Bamberger Altar

Der "Englische Gruß" hängt nach wie vor in der Lorenzkirche, der "Bamberger Altar" wurde ursprünglich für das Karmelitenkloster angefertigt. Der Klostervorsteher, sein Sohn Andreas, erteilte seinem Vater den Auftrag für den Hochaltar. Nachdem Nürnberg protestantisch geworden war, wurde Andreas Stoß der Stadt verwiesen, ehe das Honorar beglichen war. Das Kunstwerk wurde Veit Stoß zurückgegeben, was den Stolz des Meisters verletzte. Die Erben verkauften nach dessen Tod den Altar nach Bamberg wo er bis heute den Dom ziert.

Veit Stoß, beinahe unter die Räder gekommen, nach seinem Fehltritt zur Höchstform aufgelaufen, starb im Herbst 1533 in Nürnberg. Sein Grab auf dem Johannisfriedhof trägt die Nummer 268. In Nürnberg erinnern noch der Veit-Stoß-Platz und die Veit-Stoß-Realschule an den begnadeten Bildhauer.



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Text: mw
Verwendete Literatur: NHL, SLN, PZI

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