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Der Neptunbrunnen im Stadtpark

Kein anderer Brunnen Nürnbergs hat so eine bewegte Geschichte wie der Neptunbrunnen. Richtig muss es eigentlich heißen die Neptunbrunnen, denn es handelt sich im Folgenden um zwei Brunnen – das Original und seine Kopie. Der Originalbrunnen wurde angefertigt, aber nicht aufgestellt, dann nach Russland verkauft um schließlich als Beutekunst wieder nach Nürnberg zu gelangen. Auch die Kopie musste innerhalb Nürnbergs mehrere Standortwechsel hinnehmen. Der Neptunbrunnen steht heute im Nürnberger Stadtpark wo er seinen endgültigen(?) Aufstellungsplatz gefunden hat. Um welches der Bauwerke es sich handelt, erfahren Sie in den folgenden Zeilen.


Der Neptunbrunnen entstand zwischen 1660 und 1668 in der Werkstatt des Bildhauers Georg Schweiggers, in Zusammenarbeit mit dem Goldschmied Christoph Ritter. Beide Künstler haben den Springbrunnen auch entworfen, gegossen wurde er von Wolfgang Hieronymus Herold.

Da die Wasserversorgung am Hauptmarkt durch den Schönen Brunnen nicht ausreichend war, sollte dieser ab 1688 durch den monumentalen Neptunbrunnen ersetzt werden. Doch der Rat der Stadt zögerte mit der Aufstellung, weil sein Betrieb als zu teuer angesehen wurde. So musste der prächtige Wasserspender bis 1702 in Meister Schweiggers Werkstatt ausharren, um schließlich im Peunthof, dem heutigen Bauhof, eingelagert zu werden. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Dies trifft auch auf das von Schweigger/Ritter/Herold erschaffene Kunstwerk zu. Von Vielen wurde der zerlegte Brunnen schon als verschmähter Kunstschatz angesehen. So schrieb von Blainville über das Meisterwerk: "Prächtigster Springbrunnen in ganz Teutschland".

Da der Rat der Stadt sich immer noch nicht zu seiner Errichtung durchringen konnte, entschloss man sich für einen Verkauf. Der Neptunbrunnen wurde 1797 für 66.000 Gulden nach Russland verkauft. Der neue Besitzer, Zar Paul I., ließ den Springbrunnen im Schlosspark seiner Sommerresidenz Peterhof aufstellen. Vor den Toren St. Petersburgs hatte das barocke Bauwerk also doch noch einen würdigen Aufstellungsort gefunden.

Erst um 1900 erinnerte man sich in Nürnberg wieder an die imposante Kreation. Da ein Rückkauf unmöglich war, entschied man sich für die Anfertigung einer Kopie des einst verschmähten Wasserspenders. Den Anstoß für dieses Vorhaben gab der Kunstprofessor Friedrich Wanderer. Nach Zustimmung des damaligen Oberbürgermeisters Georg von Schuh und des Stadtrats, wurde ein Gipsformer ins russische Peterhof geschickt, der die Vorlagen für neue Gussformen anfertigte. Die finanziellen Mittel stellte der jüdische Hopfenhändler Ludwig Gerngroß bereit, mit der Vorgabe, dass die Kopie an dem ursprünglich geplanten Standort für das Original, dem Hauptmarkt, aufgestellt wird. Die Kunstgießerei Lenz wurde 1901/02 mit der Ausführung der Arbeiten beauftragt. Am 22. Oktober 1902 war es soweit. Die Neptunbrunnen-Kopie auf dem Hauptmarkt wurde feierlich enthüllt.

Wahrscheinlich würde er dort heute noch stehen, wäre die jüdische Stiftung den Nazis nicht ein Dorn im Auge gewesen. Mit der Argumentation für mehr Platz zugunsten der Aufmärsche in Nürnbergs guter Stube, wurde er 1934 abgebaut und 1937 an den Marienplatz (heute Willy-Brandt-Platz) verbannt.


Kopie und Original auf dubiose Weise in Nürnberg vereint

Im entfernten Peterhof 150 Jahre gehegt und gepflegt, störte erst der Zweite Weltkrieg die Ruhe des Original-Kunstwerks. Als die deutschen Truppen in Russland einfielen, wurde 1941 auch Peterhof besetzt und weitgehend zerstört. So gelangte das Bauwerk widerrechtlich in deutsche Hand. Die Nazis zerlegten das Kunstwerk und transportierten es nach Nürnberg. Wegen der Kriegsereignisse war aber an eine Aufstellung nicht zu denken und so entschloss man sich die Kriegsbeute erstmal im Paniersbunker einzulagern. Wie wir alle wissen blieb der erwartete Endsieg aus, und Nürnberg fiel durch die Kriegshandlungen in Schutt und Asche. Der eingelagerte Neptunbrunnen, und wundersamerweise auch seine Kopie am Marienplatz, überlebten die schweren Bombenangriffe unbeschadet. Nürnberg war also kurzzeitig im Besitz beider Kunstwerke. Das Original wurde nach Kriegsende von den Russen zurück gefordert, was die amerikanischen Besatzer auch akzeptierten. Aber leichter gesagt als getan. Es mangelte an Brettern, Nägeln und anderem Material für eine sichere Transportverpackung, was schließlich aber gelöst werden konnte. Nachdem der Originalbrunnen gesäubert, fotografiert und katalogisiert worden war trat er, in zwölf riesigen Kisten, am 24. Oktober 1947 seine zweite Reise nach Russland an.

Aber auch der Neptunbrunnen am Marienplatz musste erneut umziehen. Er war jetzt den Verkehrsplanern im Weg, die an dieser Stelle den Busbahnhof verwirklichen wollten. Also wurde der Brunnen in den Nürnberger Stadtpark verfrachtet wo er seit 1962 seinen endgültigen(?) Standplatz hat. Beinahe wäre er 1981 erneut verlegt worden. Wegen der neu gebauten U-Bahn-Station sollte er den Jakobsplatz verschönern. Dieser Kelch ging an dem Bauwerk vorüber. Das Folgende muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Eine Koalition von CSU, Grünen und der DKP verhinderte diesen Plan.

Noch ein Brunnenteil ist uns heute gegenwärtig. Der Zweitguss einer Reiterfigur des Neptunbrunnens befand sich seit 1914 im Volksbad. Da diese Jugendstilperle 1994 wegen Unrentabilität stillgelegt wurde, übersiedelte man die peitschenschwingende Figur an den Wöhrder Talübergang, wo sie in Sommermonaten einen mächtigen Wasserstrahl in den Wöhrder See pustet.

Bleibt zu wünschen, dass der prächtige Neptunbrunnen in Zukunft am Stadtparkweiher seinen Frieden haben wird. Es soll ja Zeitgenossen geben die eine erneute Aufstellung auf dem Hauptmarkt befürworten würden. Die Marktfrauen hätten sicherlich nichts dagegen, aber beim Christkindlesmarkt würde das monumentale Bauwerk optisch schon stören. Der Schöne Brunnen wäre wahrscheinlich über die voluminösere Konkurrenz auch nicht erfreut.


Nachtrag, 15.10.2010

Kehrt der Neptunbrunnen auf den Hauptmarkt zurück?

In den letzten Wochen ist die Diskussion um den Neptunbrunnen erneut entbrannt. Im Zuge der zukünftigen Neugestaltung von Haupt- und Obstmarkt ist ein Standortwechsel des Kunstwerkes abermals im Gespräch. Befürworter möchten das Schmuckstück wieder auf dem Hauptmarkt stehen sehen, so wie es sich der Spender Ludwig v. Gerngros gewünscht hatte. Gegner argumentieren mit den hohen Umzugskosten, die "Störung" beim Christkindlesmarkt, sowie die optische Konkurrenz zu Schönem Brunnen und Frauenkirche. OB Ulrich Maly hat schon klargestellt das ein Standortwechsel derzeit, auch aus finanziellen Gründen, nicht in Frage kommt. Es kursieren Summen zwischen 200.000 und 850.000 Euro, die bei einer Verlegung zu Buche schlagen würden.

Dazu Befürworter und Gegner gegenüber den "Nürnberger Nachrichten" vom 25.09.10 (Auszüge):

Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg:
Der OB würdigt zwar den "schönsten Barockbrunnen aus dem 17. Jh. nördlich der Alpen", führt aber weiter aus:
"(...) Den Wunsch, ihn wieder auf den Hauptmarkt zu stellen, kann ich mich dennoch nicht anschließen. (...) Ein Argument bei der Überlegung, den Brunnen zu versetzen, sind auch die immensen Kosten. Eine Schätzung der Verwaltung von 2008, als der Jakobsplatz als Standort erneut ins Gespräch kam, ergaben rund 850.000 Euro reine Baukosten. Diese Summe ist aber auf den Hauptmarkt nicht übertragbar. Sie würde sich erhöhen, da dort die technischen Einrichtungen fehlen. Übrigens finde ich den Standort des Neptunbrunnens im Stadtpark, wo er mittlerweile schon seit 48 Jahren steht (länger als er jemals am Hauptmarkt war), sehr schön."

Claudia Maué, Stadtheimatpflegerin:
"Ich halte es aus kunsthistorischen Gründen für sinnvoll, den Neptunbrunnen auf den Hauptmarkt zu verlegen. Die Kopie des Originals ist dafür konzipiert worden. Der jüdische Stifter Ludwig Gerngroß wollte, dass er auf dem Hauptmarkt steht. (...) Derzeit vermisse ich den Ernst in der Diskussion. Ich finde, alle Argumente müssten abgewogen werden. Schließlich bietet die kommende Umgestaltung des Haupt- und Obstmarktes eine einmalige Chance für den Umzug."

Karl-Heinz Enderle, Vorsitzender der Altstadtfreunde:
"Ich setze mich für eine Verlegung des Brunnens auf den Hauptmarkt ein. An der Kopie des barocken Werks bilden sich viele wichtige Phasen der Nürnberger Geschichte ab. So zum Beispiel der ökonomische Niedergang der Stadt, die 1797 das Geld benötigte und den Brunnen nach St. Petersburg verkaufte. ... ..."

Christine Kayser (SPD), Stadträtin:
"Mit Blick auf die angespannte, finanzielle Situation der Stadt kann ich mir eine Verlegung des Springbrunnens in die Altstadt kaum vorstellen. Und wenn doch, dann überzeugt mich stadträumlich nur der Jakobsplatz als Standort. Denn der wurde bei der Neugestaltung Anfang der 80er Jahre auf den Neptunbrunnen, der dorthin kommen sollte, angepasst. Selbst das Muster der Pflastersteine wurde in Erwartung des Brunnens ausgesucht. ... ..."

André Freud, (CSU), Initiative für den Neptunbrunnen auf dem Hauptmarkt:
"Es gibt einige Gründe die für eine Verlegung sprechen. Einer der wichtigsten: Die ganz erhebliche Spende des jüdischen Mitbürgers Ludwig Gerngroß wurde unter einer einzigen Bedingung gegeben – der Errichtung des Brunnens auf dem Hauptmarkt. Diese Bedingung wird von der Stadt gebrochen. (...) Eine Rückverlegung würde die Stadt lediglich rund 200.000 Euro kosten. Der Rest der Finanzierung kommt ja – und das ist doch der Anlass der geplanten Hauptmarktumgestaltung – aus einem Bund-Länder-Programm. Mir liegen überdies verbindliche Spendenzusagen vor – die bewegen sich im fünfstelligen Bereich."

Eine Internetumfrage auf nn-online.de ergab, dass 42 Prozent der 800 Teilnehmer die Ansicht vertraten, "Für das Geld könnte die Stadt Wichtigeres anpacken", weitere 30 Prozent waren der Meinung das der Brunnen in den Stadtpark gehört. Auch in den Leserbriefen (NN u. NZ) der letzten Wochen sind die Haltungen durchaus geteilt. Man darf gespannt sein wie sich die Sache entwickelt, und ob der Neptunbrunnen erneut umzieht um auf seinen ursprünglichen Aufstellungsort zurückzukehren.


Nachtrag, 07.05.2011

Neptunbrunnen kehrt nicht auf den Hauptmarkt zurück

Einem Artikel der Nürnberger Nachrichten (07.05.11) war zu entnehmen, dass die Stadt eine Verlegung des Neptunbrunnens ablehnt. Zum einen seien die Kosten zu hoch, zum anderen sieht man die Zukunft Christkindlesmarkts gefährdet. Dem massiven Bauwerk, bei dem allein das Brunnenbecken einen Durchmesser von 16 Metern aufweist, müssten 15 bis 18 Stände des berühmten Weihnachtsmarkts weichen. Auch bei anderen Veranstaltungen (z. B. Bardentreffen) stünde der Neptunbrunnen als Sichthindernis im Weg, weil er durch Bauzäune abgesperrt werden müsste. Somit scheint die Debatte um den Umzug des Brunnens vorerst beendet zu sein, zumindest scheidet der Hauptmarkt als möglicher Aufstellungsort aus.
Nachtrag, 15.10.2012

Neptunbrunnen bleibt endgültig im Stadtpark

Die Standortfrage für den Neptunbrunnen ist geklärt, sie sei "für mindestens eine Generation erledigt", wie es André Freud (s. o.) gegenüber den Nürnberger Nachrichten formulierte. Damit scheint eine jahrelange Debatte vorerst beendet zu sein, zumal nun auch eine Info-Tafel vor dem Bauwerk angebracht worden ist. Auch um den Text gab es Diskussionen, weil die jüdische Herkunft des Brunnenstifters nicht erwähnt wurde. Der Infotext ist aus Platzgründen knapp gehalten, spiegelt aber die Geschichte des Neptunnbrunnens in Kurzform wider. Auch die jüngere Geschichte um die Verlegung des Bauwerks ist erläutert: "Bestrebungen, den Neptunnbrunnen wieder in die Altstadt zurückzuführen, war kein Erfolg beschieden." Der Schlusspunkt ist gesetzt.


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Neptunbrunnen
Neptunbrunnen ...
Neptunbrunnen
in Nürnberg
Reiterfigur Neptunbrunnen
Reiterfigur
Neptunbrunnen
Postament
Neptunbrunnen
Neptunbrunnen auf dem Hauptmarkt
Neptunbrunnen
Postament
Neptunbrunnen
Figur an der Westseite
Neptunbrunnen
Neptun
Neptunbrunnen
Neptunbrunnen
Neptunbrunnen
Reich verzierte Stele
Neptunbrunnen
Stadtwappen
Neptunbrunnen
Figur an der Ostseite


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Text: mw
Fotos: Ansichtskarte aus dem Verlag Philipp Krebs, Dresden
Verwendete Literatur: BDF, SB01, SLN; Nürnberger Nachrichten: wie angegeben

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