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Eisenbahnjubiläen in Nürnberg und Fürth seit 1860

Nachdem die Ludwigseisenbahn 1835 ihre erste Fahrt absolvierte, hatte sich das neue Transportmittel ein viertel Jahrhundert später in Deutschland schnell und weiträumig ausgedehnt.

1860

Die erste Jubiläumsfeier zu "25 Jahre Ludwigseisenbahn" fand am 6./7. Dez. 1860 in Nürnberg statt. Auf der Einladungskarte ist folgender Ablauf kurz umrissen.

"Für den 6. December Abends gesellige Unterhaltung in den untern Localitäten des Reichadlers.
Am Festtage den 7. Morgens 9 Uhr Versammlung im Reichsadler, Punkt 10 Uhr Festfahrt nach Fürth woselbst Versammlung im Reindel´schen Saale.
Halb ein Uhr Rückfahrt nach Nürnberg. Um 2 Uhr Fest Diner im Saale des Reichsadlers zu Nürnberg.
Abends 6 Uhr Festoper im Theater. Es wird gebeten Toaste bei dem Vorstande anzumelden."

Gefolgt sind dieser Einladung eine Fülle von Eisenbahnvertretern. Der Ablauf ähnelt dem der Eröffnung am 7. Dez. 1835. – Versammlung, Blasmusik, Reden und Lobeshymnen auf König und Vaterland, Fahrt nach Fürth etc. Es besteht die Möglichkeit alle Kirchen Nürnbergs sowie die öffentlichen Sammlungen zu besichtigen. Auch die Cramer-Klett-Werke, eine der damals führenden Firmen im Bau von Erzeugnissen für die Eisenbahn, öffneten an diesem Tag ihre Tore. Ferner wurden die Bediensteten der Ludwigseisenbahn gewürdigt. Allen voran die Gründer, Lokomotivführer William Wilson, sowie Ingenieur Paul Denis.


1885

Als das Jubiläum "50 Jahre deutsche Eisenbahn" ansteht, hatte die Ludwigseisenbahn auf ihrer Strecke bereits Konkurrenz bekommen. Parallel zur Trasse verkehrte seit 1881 eine Pferdestraßenbahn. Dennoch veranstaltet man im Jahr 1885 Feierlichkeiten. Im "Programm zur fünfzigjährigen Feier der Eröffnung der Ludwigs-Eisenbahn" heißt es:

"Die verehrlichen Gäste wollen nach ihrer Ankunft sich in das hierfür von der kgl. Staatsbahn uns freundlichst überlassene Lokal des Staatsbahnhofs begeben, ihren Namen in das dort aufliegende Präsenzprotokoll eintragen und dortselbst alle näheren Nachweisungen in Empfang nehmen.

Sonntag den 6. Dezember 1885, Abends 7 Uhr:
Gesellige Zusammenkunft im Saale des Württemberger Hofes (nächst dem Staatsbahnhof) dahier

Montag den 7. Dezember 1885:
Morgens 9 3/4 Uhr: Offizielle Feier im Saale des hiesigen Stationsgebäudes der Ludwigseisenbahn
Grundsteinlegung des Kunstbrunnens am Plerrer
Eisenbahnfestzug nach Fürth, dortselbst Grundsteinlegung des neuen Stationsgebäudes.
Frühstück im André´schen Eisenbahnhotel.

1 1/2 Uhr: Rückfahrt nach Nürnberg
4 1/2 Uhr: Festdiner im Saale des Goldenen Adlers dahier
7 1/2 Uhr: Festvorstellung im Stadt-Theater

1935

Beim nächsten Jubiläum "100 Jahre deutsche Eisenbahn" hatte die Ludwigseisenbahn ihren Betrieb längst eingestellt. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten das Fest 1935 für ihre Zwecke. Die Feierlichkeiten zogen sich über mehrere Monate hin. Es begann mit einer Gedenkstunde anlässlich des 150. Geburtstags Scharrers im Mai, gefolgt von der Ausstellung "Kunst und Eisenbahn" in der Norishalle. Am 13. Juli wurde das Verkehrsmuseum mit der Schau "Hundert Jahre deutsche Eisenbahn" wiedereröffnet.

Die Nazis inszenierten die Feier größer und pompöser als je zuvor. Das Regime ließ sogar den Adler mitsamt seinen Wagen in betriebsfähigem Zustand nachbauen. Der Adlerzug absolvierte auch Publikumsfahrten zwischen Nürnberg und Fürth.

Allerdings waren die Nazis von einem, von der Reichsbahndirektion in Auftrag gegebenen, Film nicht begeistert. Der Streifen "Das Stahltier", gedreht von Willy Zielke, missfiel dem Regime. Zielke lieferte keinen beschaulichen Kulturfilm, sondern ein avantgardistisches Werk mit schnellen Bildwechseln, Licht- und Schattenspielen, stürzenden Linien und kühnen Montagen ab. Die geplante Uraufführung am 13. Juli 1935 wurde abgesagt, das Material wurde als zu modern und "entartet" eingestuft und kurz darauf offiziell verboten. (Heute gilt "Das Stahltier" als Meilenstein des frühen Industriefilms, sowie als berühmtester deutscher Eisenbahnfilm schlechthin – sowohl bei Cineasten als auch bei Eisenbahnfans.)

Der Höhepunkt am 7. Dez. 1935 wird als nationalsozialistische Großveranstaltung zelebriert. Platzkonzert, Kameradschaftsabend, Kranzniederlegung für gefallene Eisenbahner, Konzerte und Ansprachen waren auf der Tagesordnung. Der "Frankenführer" Streicher spricht von "zahlreichen Ehrengästen aus allen Ländern des europäischen Kulturkreises (...) führenden Männern aus Partei, Staat, Wirtschaft Wissenschaft und Technik". Die Gründung der Ludwigseisenbahn wird gewürdigt als Tat "einzelner, gottbegnadeter, weit in die Zukunft schauender Männer".

Es folgten Ansprachen des Direktors der Deutschen Reichsbahn und Adolf Hitlers, der die Veranstaltung durch seine Anwesenheit "hebt" zu "einem Staatsakt, ganz Frankens und insbesondere den Städten Nürnberg und Fürth zu hoher Ehre" gereichend. Selbst der Christkindlesmarkt musste an diesem Tag für den Empfang ausländischer Ehrengäste herhalten. Das Regime stellte den Festteilnehmern zwei Tage später die Reichsautobahnstrecke Heidelberg-Frankfurt/M. vor, eine Errungenschaft des neuen "Systems". Anschließend ging es mit einem Sonderzug zu einem Empfang der Deutschen Reichsbahn nach Berlin.

1960

Zur Jahresfeier "125 Jahre deutsche Eisenbahn" sah sich die Deutsche Bundesbahn quasi als Nachfolgerin der Ludwigseisenbahn. Professor Dr. Nebelung verkündete in seiner Ansprache:

"Die gute alte Eisenbahn ist für uns Geschichte geworden. Die Ludwigsbahn ist ein Symptom für diesen Wandel der Zeiten. Sie wurde schon vor Jahren stillgelegt, ihre Lokomotiven und Wagen sind verschrottet. (...) Doch die Zeit schreitet weiter. Die Zukunft gehört neuen Verkehrsmitteln. Zu ihnen gehört die Eisenbahn in neuer Gestalt."

Um niemanden der Nachfahren zu kränken und niemand besonders hervorzuheben, wurden die Eisenbahnpioniere Denis, Wilson, Scharrer und Platner nicht erwähnt, es erfolgte lediglich eine Kranzniederlegung an deren Gräber. Es gab Ansprachen von Bundespräsident Lübke, einen Festakt im Schauspielhaus, einen Empfang im Verkehrsmuseum, wo eine eindrucksvolle Fahrzeugschau präsentiert wurde. In- und ausländische Eisenbahnerkapellen gaben Platzkonzerte. Der Ablauf ähnelte denen vorangegangener Jubiläen. Fast!

Der Höhepunkt der Veranstaltung war zweifellos die Fahrten des Adlerzugs. Hierzu wurde der Adler-Nachbau von 1935 im damaligen Ausbesserungswerk Ingolstadt restauriert. Allerdings führten die Pendelfahrten zwischen Nürnberg und Fürth nicht wie bei vergangenen Feierlichkeiten über die Bahnstrecke, sondern der Adler verkehrte auf seiner Stammstrecke durch die Fürther Straße, auf den Gleisen der Straßenbahn. Die Festgesellschaft versammelte sich wie vor 125 Jahren am Plärrer, flankiert von Mädchen in Biedermeier-Kostümen bestiegen die Gäste den Zug, der sich nach einem Böllerschuss in Bewegung setzte. Die Veranstaltung am 7. Dez. 1960 wurde umrahmt von den üblichen Ansprachen und Musikdarbietungen. Als der Festzug durch die Fürther Straße schnaufte, gesäumt von vielen Schaulustigen, soll der Verkehr gestockt haben. Werkstätten und Büros entlang der Strecke leerten sich, alle wollten das Spektakel aus der Nähe sehen. So ein Bild wird man bei zukünftigen Jubiläen nicht mehr erleben können, die Schienen sind dann längst abgebaut.

Bei der abendlichen Festveranstaltung war auch Bundespräsident Heinrich Lübke anwesend, nur Nürnbergs Bürgermeister fehlten. Der damalige OB, Andreas Urschlechter, war gekränkt weil er bei der Mittagsfeierlichkeit nicht zu seinem Platz geleitet, und in der Ansprache nicht begrüßt wurde. Der zweite Bürgermeister, Hans Haas, blieb ebenfalls fern. Ihm war mittags kein Stuhl in der ersten Reihe reserviert worden. Den angebotenen Platz in der dritten empfand Haas als zu weit weg. Das Fehlen der Stadtspitzen rief bei den Anwesenden Buhrufe hervor, selbst der Bundespräsident schüttelte den Kopf.

1985

"Zug der Zeit – Zeit der Züge" wurden die Feiern 1985 anlässlich "150 Jahre deutsche Eisenbahn" überschrieben. Die Eisenbahnjahr Ausstellungsgesellschaft (EJA) hatte die Ausrichtung für die große Ausstellung im ehemaligen Tafelwerk inne. Die Präsentation war dreigeteilt: eisenbahngeschichtliche Zeitreise, Lok- und Wagenhalle, DB-Leistungsschau. Im "Kursbuch" der Veranstaltung heißt es unter dem Titel "Großer Bahnhof für die Epoche der Eisenbahn":

"... Die Stadt der ersten deutschen Eisenbahnfahrt stellt das Gelände einer ehemaligen Eisenfabrik bereit, um die Geschichte des Geburtstagskindes zu erfahren. Hier steht – vom 15.Mai bis zum 18. August 1985 – kein Technik-Museum, sondern ein besonderer Zug: Der Zug der Zeit. Er zeigt die Geschichte in Bewegung, die eisenbahnbewegte Geschichte, die Epoche auf Eisenrädern, auf Schienen."

Auch in diesem Jubiläumsjahr zog der Adlerzug auf verschiedenen Strecken seine Bahnen. Höhepunkt waren jedoch die großen Lok- und Fahrzeugparaden am 14./15. September 1985 auf dem DB-Areal in Nürnberg-Langwasser. Aber nicht nur in Nürnberg dampfte und dieselte es. Die angereisten Museumszüge absolvierten Sternfahrten durch fränkische Landschaften. So etwa zur Dampfbahn Fränkische Schweiz ins idyllische Wiesenttal, oder auf der Strecke durchs Pegnitztal mit ihren zahlreichen Tunneln.

Ergänzt wurde das Bahnjahr 1985 durch verschiedene Ausstellungen in städtischen Museen. So präsentierte beispielsweise das Germanische Nationalmuseum "Leben und Arbeiten im Industriezeitalter". Es wurde auch eine Serie von sechs Medaillen aufgelegt die Eisenbahnmotive zeigten.

2010

Die von vielen ersehnten Lok- und Fahrzeugparaden gab es diesmal nicht, obwohl sie im Vorfeld für den 11./12. September geplant waren. Dennoch hatten die Städte Nürnberg und Fürth ein umfangreiches (Kultur)Programm auf die Beine gestellt.

In Nürnberg stellten die Ausstellungen "Das Gleis. Die Logistik des Rassenwahns" (Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände), "Die Strecke des Adlers" (Museum Industriekultur) und "Adler, Rocket & Co." (DB Museum) die Höhepunkte dar. Auch der Adler-Nachbau pendelte an einigen Sommerwochenenden zwischen Nürnberg und Fürth, außerdem fuhren Oldtimer-Busse auf den Spuren des Adlers entlang der Fürther Straße, sowie rund um den Hauptbahnhof. Viele turnusmäßige Veranstaltungen wie "Die blaue Nacht", die Stad(ver)führungen, oder das Bardentreffen standen ganz im Zeichen der Eisenbahn.

Ein Dampfloktreffen fand am 21. August im Bahnwerk Nürnberg-Gostenhof (Bw West) statt. Neun Dampfrösser, fünf historische Diesel-, sowie einige E-Loks trafen sich auf dem DB-Areal. Allerdings hatten die Ausstellungsplaner kein so glückliches Händchen. Die Drehscheibe, auf der sich die Dampfloks präsentierten, war umzingelt von anderen Fahrzeugen die zum Jubiläum überstellt wurden. Freier Blick war nur an sehr wenigen Stellen möglich. Die Nürnberger Zeitung (23.08.10) merkte an:

"... Die Stimmung in der stechenden Sonne ist hitzig, denn die Blickwinkel sind eng, weil andere Lok-Oldtimer im Weg stehen. In Zehnerreihen hinter Absperrbändern sieht und hört man kaum etwas von der Parade. Eine Tribüne wäre nötig gewesen. ..."

Der Meinung ist der Verfasser dieser Zeilen allerdings auch. Das Areal wäre groß genug gewesen um die stehenden Loks woanders zu parken. Der Platz wo einst der Ringlokschuppen stand, war belegt von Bierbankgarnituren. Auf den Gleisen davor waren größtenteils oben erwähnte Fahrzeuge geparkt. Die beste Sicht hatte man nur auf der überfüllten Fläche süd-/südwestlich der Drehscheibe. Oder als Zaungast von der Jansenbrücke aus, wo sich ebenfalls eine Schar Schaulustiger ansammelte. Gefährlich standen dagegen die Zuschauer gegenüber, an den Auf- und Abfahrten des Frankenschnellwegs. Alles in allem wäre eine Tribüne auf dem Gastronomiebereich eine sinnvollere Lösung gewesen. Das hätten sich auch viele Foto- und Videofreunde gewünscht. Beim "Festival der Eisenbahn" (2002) war das alles eleganter gelöst.

Beim offiziellen Festakt im DB-Museum am 07.12.2010, mit 400 geladenen Gästen, war neben Bahnchef Rüdiger Grube auch Bundeskanzlerin Angela Merkel anwesend, die anmerkte das aus den "dahinsiechenden Patienten Bundesbahn und Reichsbahn" schließlich ein erfolgreiches Unternehmen mit Zukunft geworden sei. Laut einem Zeitungsbericht (AZ) soll die dreitägige Veranstaltung knapp zwei Millionen Euro gekostet haben. Für Groß und Klein veranstaltet das DB-Museum, bei freiem Eintritt, am darauf folgenden Sonntag ein buntes Programm unter dem Motto "Der Adler wird 175 Jahre!".

Auch in Fürth war viel geboten. Das ganze Jahr über gab es Veranstaltungen rund um die Eisenbahn. Ein Höhepunkt war der Nachbau des Ludwigsbahnhofs im August auf der Fürther Freiheit. Die Installation in etwa zweidrittel der Originalgröße stellte den Dreh- und Angelpunkt für das letzte Augustwochenende (28./29.08.) dar. Unter dem Motto "Nächster Halt: Fürth!" veranstaltete die Stadt ein Jubiläums-Programm für Jung und alt. Im Dezember wurde die Hornschuhpromenade illuminiert. Der Schienenstrang auf dem einst der Adler dahinschnaufte, wurde durch Lichterschläuche symbolisiert, leuchtende Schautafeln ergänzten die Installation. Den Abschluss bildete ein großes Fest am 31. Dez. 2010 in der ganzen Innenstadt.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: 150JE, DAL, DEE, DLE, LUE, ZDZ; Nürnberger Nachrichten, Nürnberger Zeitung, Abendzeitung Nürnberg: 08.12.2010;

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