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Nürnberger Bierkrawall

Das Brauwesen lässt sich in Nürnberg bis in das frühe 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Da die Trinkwasserqualität im Mittelalter unzureichend war, zählten Wein und Bier nicht nur als Genussmittel, sondern gehörten zu den Grundnahrungsmitteln. An der Beliebtheit von Bier hat sich in der Frankenmetropole bis heute nichts geändert. Der Bierpreis den die Wirte für einen halben Liter Gerstensaft heutzutage anschreiben, lässt einen das Wasser in die Augen treiben. Nach dem Motto "trink oder lass es sein" gestalten die Wirte ihre Preise sehr zum Wohle ihrer eigenen Brieftasche – Protest zwecklos. In der Mitte des 19. Jahrhunderts löste solches Handeln eine Welle der Entrüstung aus – es kam zum Nürnberger Bierkrawall mit 22 Verletzten und einem Toten.


Dazu kam es als 1866 einige Brauereibesitzer den Preis für einen Eimer Sommerbier auf 6 fl. anhoben. Der Preis für eine Maß Bier wurde von 5 auf 6 Kreuzer erhöht. Die geschäftstüchtigen Nürnberger Bierwirte gaben diese Preiserhöhung gleich mit 7 Kreuzer an die Kundschaft weiter. Das brachte die Bierseele der Bürger zum kochen. Den Anfang nahm der Nürnberger Bierkrawall am 1. Mai 1866 in der "Deutschen Flotte" am Jakobsplatz. Soldaten des 1. Chevauxlégers-Regiments protestierten handfest gegen die Preiserhöhung. Blitzschnell breitete sich die Protestwelle auch auf andere Wirtshäuser aus und erfasste den "Mohrenkeller" (Königstraße), die "Wolfsschlucht" und das "Scharfe Eck". Die Bevölkerung solidarisierte sich, sodass es am 2. Mai zu einem eintägigen Bierboykott kam. Einen Tag später kam es dann, trotz eingesetzter Schutztruppen, zu Protesten und Ausschreitungen. Vor der Reif-Brauerei demonstrierten 700 Menschen und hatten mit dieser Aktion Erfolg. Die Preiserhöhungen wurden am 3./4. Mai wieder zurück genommen. Ab dem 5. Mai soll sich die Lage dann normalisiert haben.

Während des Bierkrawalls vom 1.-5 Mai 1866 wurden 22 Personen verhaftet. Ein 76-jähriger Insasse des Heilig-Geist-Spitals starb an seinen Verletzungen, die er sich beim Sturz nach drei Bajonettstichen eines Soldaten, in der Schlotfegergasse zugezogen hatte. Der "Fränkische Kurier" berichtete dazu in seiner Ausgabe vom 15. Mai 1866:

"Gestern wurde ein Opfer des Bierkrawalls beerdigt, ein 76jähriger Spitalpfründner. Wie er es seit 40 Jahren gewohnt war, hatte er an jenem Abend eine Bierwirthschaft in Gostenhof besucht. Als er etwa vor 9 Uhr nach Hause gehen wollte, fand er am Spittlerthor eine solche Menschenmenge, daß es ihm unmöglich war, durchzukommen. Er suchte deshalb seinen Weg durch die Schlotfegergasse zu nehmen und kam bis zur Wirtschaft der Stadt Ulm. Hier war die Straße durch eine Infantrie-Abteilung gesperrt, und hier erhielt der alte, schwache Mann unvermuthet und ungewarnt von einem Soldaten drei Bajonetstiche, einen in die Hand, einen in den Arm und einen in die linke Seite. Dieser letzte Stoß der durch Rock und Hose ging und in der Hosentasche auf einen Schlüsselbart traf, warf ihn zu Boden, und von der Heftigkeit des Falles ward ihm der Hüftknochen zersplittert. Auf einem Handwägelchen nach Hause gebracht, verschied er nach achttägigem schweren Leiden. Dies ist der wahrheitsgetreue Sachverhalt. Das Urtheil über die That überlassen wir dem Leser."


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: SLN

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