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Leichen- bzw. Begräbnisordnung von 1611

Um übertrieben luxeriöse Begräbnisse zu unterbinden hat Nürnbergs Hoher Rat im Jahr 1611 folgende Leichen- bzw. Begräbnisordnung erlassen.

Das Trauergeleite
Es sollen keine großen Trauerversammlungen stattfinden, damit nicht zu viele Personen ihre Händel und Geschäfte versäumen. Das gilt auch von den Totenmessen am 7. und 30. Tag und am Jahrestage.


Das Leichenmahl
Das Essen und Trinken im Leichenhaus wird verboten. Die Freunde des Verstorbenen, die in dem Leichenhause wohnen, mögen lediglich am Begräbnistage zu einem guten Freunde gehen und hier speisen. Auch der Seelwein, Brot oder Geld sollen nirgends hingeschickt werden, es sei denn darüber eine Anweisung des Verstorbenen ergangen.

Klagefrauen
Bei keiner Leiche dürfen mehr als zwei Klagefrauen mitgehen. Das Beten und Klagen am Grabe wird nur für sieben Tage nach der Beisetzung gestattet. Auf den Gräbern und in den Kirchen soll kein "Geschrei" gemacht werden.

Standesunterschiede
Bei den Achtherrnleichen gehen acht Diakone mit ans Grab; bei der doppelten Chorleiche fünf bis ans Tor und drei bis ans Grab; bei einer vierfachen Leiche drei bis ans Tor und einer bis ans Grab.

Findelkinder
Bei vornehmen Leichenbegräbnisse gehen auch die Findelkinder und andere Schüler unter Absingen von Liedern mit, doch nicht mehr als 42.

Leichentücher
Die Leichentücher dürfen nur bis zum siebten Tag und noch einmal zur Messe am 30. Tag ausgebreitet werden. Es soll dazu kein Stoff aus Samt, Seide und Gold verwendet werden, sondern nur schwarze oder graue Wolle. Die Tücher müssen von den Pfarreien genommen werden; niemand darf die eigenen verwenden. Je nach Stand wird ein kostbares, mittleres und geringeres gebraucht.

Der Leichenschild
Kein Schild soll mehr als drei Gulden kosten. Das den Kirchenmeistern gegebene Maß ist zu beachten, einmal wegen der Kosten, dann auch, um beim Herunterfallen Gefahren zu vermeiden. An den Schildern soll nichts Erhabenes oder Geschnitztes sein, vielmehr sollen Wappen (ohne Helm) und Inschrift schlicht auf glatt gehobeltes Holz gemalt werden.

Anschreiben, Läuten
Das prunkhafte Anschreiben an den Leichentafeln der Kirche wird eingeschränkt. Das Totengeläut soll nicht über eine halbe Viertelstunde dauern. Bei vornehmen Beerdigungen wird in 6 Kirchen das Läuten gestattet: in St. Sebald, Lorenz, Egidien, Jakob, Spital und Unserer lb. Frau.

"Dreier-Leichen"
Es sollen dieselben (die Dreier) allein den Schülern ausgeteilt werden. Man soll sich auch der übermäßigen Zierden der Totenbahren gänzlich enthalten und dieselben allein mit trockenen oder frischen Blumen bestreuen und des Verstorbenen Namen mit Rosmarin oder anderem nicht anheften.

Wenn Kinder oder Ledige sterben, soll der Kranz über einen Gulden nicht kosten. Man soll bei Gesängen bleiben, die von altersher gebräuchlich sind.

Es sollen Dienstboten bei der Leiche in der Kleidung rechtes Maß gebrauchen; die Magd soll wollen Gewand tragen, die anderen Scheter (Leinen- oder Baumwollart).

Wenn jemand solche Leichenordnung übertreten wird, der soll in Strafe von 10 Gulden verfallen sein, die von ihm unnachlässig genommen werden.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: NHL, SLN

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