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Fürther Straße

Zugegeben, die Fürther Straße ist heutzutage nicht gerade eine touristische Attraktion. Es ist eine Verkehrsader die, neben Frankenschnellweg und U-Bahn, die Nachbarstädte Nürnberg und Fürth verbindet. Die Fürther Straße, oder Nürnberg-Fürther Chaussee wie sie einst genannt wurde, entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert zum Standort zahlreicher, namhafter Nürnberger Firmen. Dieser Straßenzug diente auch der ersten deutschen, dampfgetriebenen Eisenbahn (Ludwigseisenbahn) als Trasse.


Seit dem 4. Juli 1796 war das Nürnberger Umland von Preußen besetzt. Allein in den Vororten Gostenhof und Wöhrd wurde die Landeshoheit durch 2.000 Soldaten bis an die Stadtmauern ausgedehnt. Zu dieser Zeit führten die gängigen Verbindungen nach Fürth entweder vom Neutor über St. Johannis und Schniegling, oder die Bärenschanzstraße. Um die Nürnberger um ihre Zoll- und Geleiteinnahmen zu bringen, begannen die Besatzer 1801 mit dem Bau einer schurgeraden Anbindung von der Nachbarstadt bis vor das Spittlertor. Es entstand eine acht Meter breite Chaussee, die 1805, unter Federführung von Karl August von Hardenberg, fertiggestellt wurde.

Ab dem Übergang Nürnbergs an Bayern (1806) erlebte die Fürther Straße eine Aufwärtsentwicklung. Ein erstes Glanzlicht war die Fahrt der ersten deutschen dampfgetriebenen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. Am 7. Dezember 1835 wurde die Strecke mit Sonderfahrten feierlich eröffnet. Der Zug war anfangs noch wechselweise mit Pferden bzw. dem "Adler" bespannt. Vierzehn Minuten brauchte das dampfende Stahlross für die Fahrt von Nürnberg nach Fürth. Friedrich Mayer schrieb 1842: "Gegenwärtig sind zwei in England erbaute Lokomotiven, jede zu 20 Pferdekraft, der Adler und der Pfeil, im Gebrauch, die von einem englischen Maschinisten geführt werden (...) Mit Dampf wird nur des Nachmittags gefahren, Morgens und Abends werden Pferde den Waggons vorgespannt."

Seit 1844 gab es einen größeren Verkehrsknotenpunkt an der Stadtgrenze, die sogenannte "Fürther Kreuzung". Hier traf die Ludwigseisenbahn mit der Staatsbahn nach Bamberg zusammen. Auch der Ludwigskanal schlängelte sich an dieser Stelle gen Bamberg. Jedoch wurde dieser, einige Jahre nach seiner Fertigstellung, vom moderneren Verkehrsmittel Eisenbahn "überrollt".

Ab 1881 verkehrte, neben der Ludwigseisenbahn, auch eine Pferdebahn-Linie auf der Fürther Straße, welche 1896 durch die "Elektrische" ersetzt wurde. Von 1881 bis 1912 befand sich hier außerdem das Hauptwerk der Trambahn. Ab 1913 stand dann das moderne Straßenbahndepot Muggenhof in der Fuchsstraße zu Verfügung.

Die Bebauung des Straßenzugs setzte ab 1880 in Plärrernähe ein, dort wo damals der Ludwigsbahnhof stand. Besonders die Zweiradindustrie war an der Chaussee stark vertreten. So produzierten die Triumph-Werke ab 1897 in der Fürther Straße, Ardie-Motorräder wurden ab 1919 unter der Hausnummer 83/85 hergestellt, und die Firma Hercules war in den Gebäuden Nr. 191-193 zu finden, nachdem sie kurzzeitig in der Hausnummer 61 ansässig war. Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Grundstücke rechts und links der Verkehrsader schon dicht bebaut.

Auch das Militär hatte sich hier angesiedelt. Ab 1886 befand sich unter den Nummern 107-111 eine Infanteriekaserne. Der Justizpalast in der Fürther Straße 110 wurde 1915 fertiggestellt. Das dahinter liegende Zellengefängnis war bereits 1869 bezogen worden. Traurige Berühmtheit erlangte dieses Areal während der sogenannten "Nürnberger Prozesse" 1945/46, gegen 23 Mitglieder des ehemaligen NS-Regimes. Der Schwurgerichtssaal 600 im Justizpalast ist heute Teil der städtischen Museen. Dort finden stündliche Führungen statt (momentan nur Sa. u. So., 13-16 Uhr).

Noch ein Nürnberger Traditionsunternehmen war ab 1928 in der Fürther Straße 28-32 ansässig. Die Firma Schuco produzierte hier ihre weltweit vertriebenen Blechspielwaren. Weniger bekannt, bei Sammlern aber beliebt, sind die Spielwaren der Gebrüder Schmidt, die unter dem Markennamen Gescha ab 1923 in der Fürther Straße 80a hergestellt wurden. In dem Haus mit der Nummer 244 war einst die traditionsreiche AEG Hausgeräte GmbH beheimatet, aber das ist alles längst Geschichte.

Ein weiteres Unternehmen welches über die Grenzen Nürnbergs hinaus bekannt ist, eröffnete 1955 in der Fürther Straße 205 ein neues Haus: Quelle. Firmengründer Gustav Schickedanz ließ auf dem Gelände der ehemaligen Hercules-Werke ein Kaufhaus nebst Versandzentrum errichten. Doch auch dieses Kapitel ist Geschichte. Aktuell (Dez. 2009) wird das Unternehmen abgewickelt, nachdem Insolvenzverwalter Görg keine andere Lösung für den einstigen Spitzenreiter der europäischen Versandhäuser gefunden hat.

Somit sind bekannte Firmen von der ehemaligen Nürnberg-Fürther Chaussee verschwunden. Das Triumph-Adler-Gelände ist zwischenzeitlich zu einem Mittelstandszentrum mit Mietern aus unterschiedlichsten Bereichen umfunktioniert. Bei AEG gingen im März 2007 die Lichter aus. Die Deutschlandzentrale des schwedischen Mutterkonzerns Electrolux ist zwar im Haus mit der Nummer 244 beheimatet, aber ein Trost für die 1.700 Mitarbeiter die ihren Arbeitsplatz verloren haben ist dies nicht. Tausende Beschäftigte pendeln nun nicht mehr täglich in die Fürther Straße. Die Firmenschicksale der letzten Jahre haben Spuren hinterlassen.

Seit Fertigstellung von Frankenschnellweg und U-Bahnlinie hat der Straßenzug etwas an Bedeutung für die Verbindung in Nürnbergs Nachbarstadt verloren. Derzeit (Dez. 2009) wird die Fürther Straße innerhalb von 16 Stunden von ca. 25.000 Fahrzeugen täglich genutzt. Im gesamten Verlauf durchquert man die Stadtteile Gostenhof, Seeleinsbühl, Eberhardshof sowie Muggenhof bzw. Doos. Bis zur Stadtgrenze leben etwa 3.500 Menschen an der ehemaligen Trasse der Ludwigseisenbahn. Zum Vergleich: Bei einer Verkehrszählung anno 1833, in den Monaten Januar, März und April, wurden für dieses Jahr 612.470 Personen zu Fuß oder im Wagen, sowie 39.420 Fuhrwerke mit 86.140 Pferden hochgerechnet.

Wie eingangs erwähnt, ist die Straße keine besondere touristische Attraktion. Aber, bei manchen Dingen erschließt sich einem der Reiz eben nicht immer auf den ersten Blick. Geht man einmal vom Nürnberger Plärrer aus, die etwa 4 Kilometer lange Strecke bis zur Stadtgrenze in Richtung Fürth, gibt es doch einiges zu entdecken. Neben den vielfältigen gastronomischen Betrieben und Einzelhandelsgeschäften findet man einige, wieder aufgebaute Villen und Häuser aus der Gründerzeit. Auch das mehrmals versetzte Ludwigseisenbahn-Denkmal hat jetzt seinen festen Platz an der U-Bahnstation Bärenschanze.

Im Bahnjahr 2010 jährt sich die Fahrt der ersten deutschen Eisenbahn zum 175sten Mal. Dieses Ereignis wird in Nürnberg und Fürth gebührend gefeiert. Neben vielen Veranstaltungen wird unter anderem die Strecke des "Adlers" Bestandteil des Metropolmarathons (13. Juni 2010) sein.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: FFE, NH87, NUM, SLN, VAL

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