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Steib Seitenwagen

Nürnberg war vor und nach dem Zweiten Weltkrieg die Hochburg der Zweiradindustrie in Deutschland. Auch heute noch bekannte Marken wie Hercules, Triumph, Ardie oder Zündapp kamen aus der Noris. Heutzutage weniger geläufig ist der Name Steib, einst weltgrößter Seitenwagenhersteller für Motorräder.


Josef Steib gründete 1914 in der Zerzabelshofstraße 19 und 23 eine Karosseriewerkstatt mit Lackiererei und Autosattlerei. Dies geschah in der Zeit als die Nürnberger Zweiradindustrie mit der Produktion von Motorrädern begann. Das neue Massenverkehrsmittel verbreitete sich in den 1920er Jahren schnell und Josef Steib erkannte das Potential eines neuen Marktes. 1927 begann er mit der Produktion von Motorradseitenwagen. Anfangs lieferte er seine "Boote", wie sie im Volksmund genannt wurden, an Zündapp und Triumph-Adler. Sein neu erschlossener Markt geriet allerdings 1929 ins Stocken – die Weltwirtschaftskrise legte ganze Industriezweige lahm.

Nachdem Josef Steib jun. 1932 die Firma übernommen hatte und das Firmengelände vergrößerte, hatte sich die Lage bereits wieder normalisiert. Steibs Sohn erweiterte die Produktpalette um Varianten mit verschiedenen Ausstattungen und konnte so zusätzliche Abnehmer gewinnen. Die Firma Steib entwickelte sich so vor dem Zweiten Weltkrieg zum größten Seitenwagenhersteller Deutschlands. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten profitierte der Betrieb von Aufträgen für die Wehrmacht.

Als nach Kriegsende ein erneuter Boom für die Motorradindustrie einsetzte, wurde auch bei Steib wieder mit Hochdruck produziert. Dreihundert Mitarbeiter stellten bis zu 14.000 Seitenwagen her, die in 36 Länder exportiert wurden. Die Nürnberger Firma war in dieser Zeit der weltgrößte Seitenwagenhersteller, wie es bereits seit den 1930er Jahren auf Prospekten zu lesen war: "Der Welt größte Spezialfabrik für Seitenwagen".

Mit dem Aufkommen der Kleinwagen Ende der 1950er Jahre, brachen für die Motorradindustrie schwere Zeiten an. Die Nachfrage brach ein, sodass auch die Firma Steib ab 1957 ihre Produktion stark drosseln musste. Um die Produktionsanlagen auszulasten, stellte man auf die Fertigung von Landmaschinen um. Hergestellt wurden vor allem Ladewagen, Kipper, Mist- und Düngerstreuer. Obwohl das Firmengelände immer wieder erweitert wurde, war es für die Produktion der später üblichen Groß-Landmaschinen zu klein.

Nachdem man bereits Anfang der 1960er Jahre die Herstellung der einst so berühmten Seitenwagen aufgegeben hatte, konnte die Landmaschinenfertigung bis 1989 aufrecht erhalten werden. Im gleichen Jahr kam das Aus – die Fabrikanlagen wurden abgerissen.

Die Enkel des Firmengründers hatten Pläne zur Neubebauung des 11.000 Quadratmeter großen Areals. Eine "Oase des Wohnens" sollte entstehen, die aber bei den Behörden keinen Anklang fand. Nach dem Abriss mussten die Eigentümer noch Altlasten beseitigen. Eine sechsstellige Summe war nötig um den verseuchten Boden von Altöl, Lacken und Chemikalien zu befreien. Schließlich wurde das Grundstück an die Firma RTS verkauft, die darauf die Wohnanlage "Goldbachpark" errichtete.

Der Name Steib ist von dem Areal aber nicht ganz verschwunden, der Steibweg am "Goldbachpark" erinnert noch an die einst größte Seitenwagenfabrik der Welt.


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: GES, SLN

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