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Apollo-Theater

Das Apollo-Theater befand sich einst in der Pfannenschmiedsgasse 22 und war als Varieté weit über Nürnbergs Grenzen hinaus bekannt. Gegründet wurde es durch Johann Baptist Zetlmeier, der es neben seinem Hotel Wittelsbach errichten ließ. Das Apollo wurde zwar im Zweiten Weltkrieg zerstört, sein Name indes lebte bis 1996 in Form eines Kinos in der Vorderen Sterngasse fort.


Das Apollo-Theater wurde am 11. Juli 1896 eröffnet. Nach Plänen des Nürnberger Architekten Emil Hecht erbaut, erlebte das Varieté-Haus seine Glanzzeit nach der Jahrhundertwende. Besonders zur Landesgewerbe-Ausstellung 1906 verzeichnete die Institution Besucherrekorde. Den Gästen von Zetlmeiers Hotel Wittelsbach standen reservierte Logen bei freiem Eintritt zu Verfügung. Der einstige Hotelier schreibt in seinen memoirischen Aufzeichnungen über das Apollo:

"Um das Etablissement wirklich mustergültig zu gestalten, mußte ich vorher, um hierbei nur nach mordernstem, großstädtischem Muster zu verfahren, mit meinem Architekten Hecht weite Reisen machen und zur Erlangung und Bereicherung einschlägiger Kenntnisse Großstädte besuchen, so München, Frankfurt, Köln, Brüssel, London, Paris, Hannover, Berlin, Hamburg, Wien und Budapest."

Auch in den zwanziger und dreißiger Jahren gehörte das Apollo-Theater zu den renommiertesten Varietébühnen Deutschlands. Das Programm wechselte je nach Jahreszeit. Während der Wintersaison dominierte das Varieté und Auftritte einzelner Künstler. In der Sommersaison wurden Operetten, Lustspiele und Bauerntheater zum Besten gegeben. Die Künstler des Apollo verkehrten auch gern bei Ludwig Hess im legendären "Walfisch". Selbstverliebt schreibt Zetlmeier weiter über das Theater: "

"Nur eine Stimme der Bewunderung über dessen ebenso reiche, pompöse, wie vornehme und moderne Ausstattung ward laut. Und mit Recht: Die Bühne erfreute sich seltener Länge, Höhe und Tiefe ... (...) Wie bei den vornehmsten Varietétheatern der ersten Großstädte der Welt, wie Wien, Paris und dergleichen, war hier die Einteilung getroffen. (...) Deren (Galerien) metallene Brüstungen, namentlich die des ersten Ranges, strotzen von Gold und kunstvoll ausgeführten Figuren und erstrahlten in dem Meer von elektrischem Licht, das dank zahlloser Lampen und Lüster den ganzen weiten Raum durchflutete, in magischem Glanze. (...) Kurz, es war von meiner Seite nicht das Geringste versäumt worden, den künftigen Gästen meines Theaters den Aufenthalt so angenehm wie nur möglich zu gestalten und Nürnberg so einen Fremdenverkehr aus der umliegenden Provinz dank meiner Gründung zu sichern, wie ihn wegen seiner Kunststätten bisher nur München aufzuweisen hatte; ..."

Dies schrieb Zetlmeier, der 1933 völlig mittellos verstarb, 1910 nachdem er bereits wirtschaftlichen Schiffbruch erlitten hatte. Während der Hotelkönig (Hotel Monopol, Kaiserhof, Strandhaus am Dutzendteich) das Hotel Wittelsbach samt Apollo-Theater verkaufen musste, lief das Programm im Varieté erfolgreich weiter. Durch ein breit gefächertes Angebot wurde das Haus von allen Bevölkerungsschichten besucht. Neben den bereits erwähnten Darbietungen, traten dort auch Zauberer, Akrobaten, Sänger und Humoristen auf. Ebenso wurden Kaffeekränzchen, große Bälle, Künstlerfeste und Frühschoppen-Konzerte abgehalten. Laut Zetlmeiers Aufzeichnungen waren "seine" Faschingsbälle legendär und der Höhepunkt der Nürnberger Karnevalsaison. Ausschweifend beschreibt er das bunte Treiben:

"Während der Karnevalszeit trug es (das Apollo) wesentlich dazu bei, die in Nürnberg immer mehr im Schwinden begriffenen Faschingsfreuden neu aufleben zu lassen, indem es seine herrlichen, festlich dekorierten Räume allwöchentlich – meistens des Montags – für großartige Maskenfestlichkeiten zur Verfügung stellte. Und J. B. Zetlmeiers Apollo-Theater-Redouten sind heute noch in aller Mund, waren es ja die ersten, die in wirklich großstädtischem Stile in Nürnberg abgehalten wurden! (...) Lange, sehr lange drehte man sich im Tanze oder verkroch sich in den lauschigen, palmenumgrenzten Nischen bei kühlendem Sekt. Warum auch schon scheiden? ..."

In einem Reiseführer von 1910 wird das Apollotheater als "großes sehenswertes Etablissement" gepriesen. Die Eintrittspreise sind wie folgt aufgeführt:
Fremdenloge 3.– M
Fauteuil 2,5 M
1. Rang Loge 2.– M
Saaltische 1,5 und 1.– M
2. Rang 1.– M
Promenade im Parterre –.70 M

Eine Renovierung und Modernisierung erfolgte 1914 nach den Plänen Ludwig Ruffs. Nach dieser Zeit wurden im Apollo auch Lichtspiele dargeboten. Im Februar 1922 kam es zu regelrechten Menschenaufläufen in der Pfannenschmiedsgasse. In diesen schweren Zeiten protestierten die Bürger gegen die Vergnügungssucht der wohlhabenden Schicht. Sogar der Stadtrat musste sich mit den Vorfällen beschäftigen. Oberbürgermeister Luppe ließ verlauten das die "Vergnügungssucht allenthalben zu beobachten sei, bei arm wie bei reich."

Der Schriftsteller Wilhelm Kunze befasste sich literarisch mit dem Vergnügungstempel und schreibt in seinem Roman "Die Angstmühle": "Im Apollotheater ist eine neue Revue. Tierdressuren, Artisten, Clownerien. Ein Weib zeigt den nackten Körper in verschieden farbiger Beleuchtung. Beim rechten Licht betrachtet, ist ihr Gesicht hässlich und zerstört."

In den 1920er Jahren kam auch der Jazz nach Nürnberg. Obwohl von den Nazis polemisiert, brachte er den Nürnbergern neue Hörerlebnisse. 1926 war die Original Jazz-Band Hermann Rohrbeck zu Gast im Apollo-Theater. Die neuen Töne veranlassten einen Zeitungskritiker zu folgenden Zeilen:

"Die eigenartigen Töne, die den Instrumenten durch alle möglichen Hilfsmittel entlockt werden, klingen nicht angenehm, das fällt besonders auf, wenn der Leiter des Orchesters sein Violinsolo meisterhaft gespielt hat und dann hinterher die Kapelle den Charleston intoniert. Nun im Varieté kann man diese Musik über sich ergehen lassen als originell, das zeigte auch der nicht enden wollende Beifall. ..."

Nach Zetlmeiers Konkurs wurde das Theater als GmbH weiter betrieben. Unter Direktor Otto Hiller war die Beliebtheit des Hauses ungebrochen. Unter ihm wurde das Apollo 1927 zum Großkino mit 1.700 Plätzen umgebaut. Man musste auf die veränderte Unterhaltungskultur reagieren und zweigleisig fahren. Obwohl eine Welte-Kino-Orgel im Wert von 100.000 Reichsmark eingebaut wurde, bewährte sich dieses Konzept nicht. Seit Mitte der 1930er Jahre wurde, nach neuerlichem Umbau, wieder ausschließlich Varieté geboten. Hiller muss eine schillernde Figur gewesen sein. Peter Luginsland schrieb in "Das war´n halt noch Zeiten" über den Apollo-Direktor:

"Er war eine prominente Figur im Nürnberger Straßenbild und zugleich schon mit 18 Jahren der Direktor des vor mehr als 60 Jahren berühmten Apollo-Theaters. Selbst seine grimmigsten Feinde mussten zugeben, dass der Ruhm Hillers als Varieté-Fachmann bis weit über die Grenzen Deutschlands gedrungen war. ..."

Dass das Apollo-Theater aber durchaus zu den ernstzunehmenden Einrichtungen zählte, belegen die Artikel in den Tageszeitungen, die über das Programm genauso berichteten wie über die Inszenierungen der städtischen Bühnen. Aber auch über profanere Auftritte wie die des "weiblichen Herkules" Käthe Sandwina, die Eisenstücke verbog, wurde geschrieben oder über "Dagmar, die Seherin", die in Revuen auftraten.

Unmut wollten die Nationalsozialisten 1931 erzeugen. Das seit 1928 stattfindende Künstlerfest "Das bunte Zelt" war ihnen ein Dorn im Auge. Im Hetzblatt "Der Stürmer" wurde die Veranstaltung als "Judenzirkus" tituliert. Weiter hetzte man gegen die feisten Juden am Eingang des Apollo-Theaters die aus ihren Wagen steigen um sich dort zu vergnügen, während die arme "deutsche" Bevölkerung zusehen müsse. Jedoch blieb "Der Stürmer" mit seinen Kampagnen gegen das Revue-Theater weitgehend allein.

Das Apollo-Theater wurde beim Bombenangriff im Januar 1945 zerstört. Zwar wurde das Haus notdürftig wieder hergestellt, doch an Glanzzeiten konnte man nicht anknüpfen. Bis 1954 wurden in dem Provisorium Filme gezeigt, dann schloss das Apollo-Theater endgültig. An seiner Stelle steht heute ein Einkaufs-Center, der sogenannte "City-Point", nachdem das 1956 ebendort eröffnete Kaufhaus "Hertie" 1997 schließen mussten und abgerissen wurde. Der Name Apollo hielt sich, wie eingangs erwähnt, bis 1996. In der Vorderen Sterngasse, quasi die Verlängerung der Pfannenschmiedsgasse, eröffnete 1961 das Apollo-Kino.

Apropos! Zetlmeier, der am 2. November 1933 verstarb, muss beliebt gewesen sein. In der Stadtchronik heißt es zu seiner Beisetzung: "... der bekannte Erbauer zahlreicher großer Wirtschaftsbetriebe und Vergnügungsstätten J. B. Zetlmeier, der damit ein reichbewegtes Leben vom einstigen Millionär zum mittellosen Unterstützungsempfänger beschloß. Die Beerdigung fand unter starker Beteiligung im Johannisfriedhof statt."


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Text: mw
Fotos:
Verwendete Literatur: ANG, KIN, NRS, NWG, SLN

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